Bayern 2 - radioTexte


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Friedrich Hölderlin 250. Geburtstag des "bekannten Unbekannten"

Wie sein Held Hyperion litt der Dichter an der Gegenwart und an der "Unheilbarkeit des Jahrhunderts". Erst posthum wurde sein Werk wie sein revolutionärer Geist gefeiert. Von Schaffen und Schicksal erzählt auch seine Korrespondenz mit seiner Familie, Freunden und berühmten Zeitgenossen, aus der Reiner Unglaub liest.

Von: Kirsten Böttcher

Stand: 30.01.2020 | Archiv

Friedrich Hölderlin (1770-1843) (after Franz Karl Hiemer). Private Collection. (© Fine Art Images/Heritage Images) | Bild: picture-alliance/dpa/Heritage Images

Bis heute ist er der kanonische Dichter Deutschlands: ein Sonderling, der in kaum mehr als zehn Jahren (zwischen 1795 und 1806) ein Werk schuf, das ihn als Lyriker hierzulande unsterblich machte.

"Umsonst, wenn auch der Geister Erste fallen, 
Die starken Tugenden, wie Wachs, vergehn, 
Das Schöne muß aus diesen Kämpfen allen, 
Aus dieser Nacht der Tage Tag entstehn; 

Begräbt sie nur, ihr Todten, eure Todten! 
Indeß ihr noch die Leichenfakel hält, 
Geschiehet schon, wie unser Herz geboten, 
Bricht schon herein die neue beßre Welt."

(aus: An die klugen Rathgeber)

Hölderlins 250. Geburtstag

Ein "Geheimtipp" sei der württembergische Lyriker zeitlebens geblieben. Warum setzte die Hölderlin-Euphorie erst mit der Generation von Rilke, Trakl und George in den frühen Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts ein? Diesen und vielen weiteren Rätseln um den bis heute "bekannten Unbekannten" spürt Rüdiger Safranski in seiner neu erschienenen Biografie "Hölderlin" nach.

"Poesie war für Hölderlin Lebensmittel, im höchsten Sinne und in Einsamkeit und Verbundenheit. Als Dichter, Übersetzer, Philosoph, Hauslehrer und Revolutionär lebte er in zerreißenden Spannungen, unter denen er schließlich zusammenbrach. Erst das 20. Jahrhundert entdeckte seine tatsächliche Bedeutung, manche verklärten ihn sogar zu einem Mythos. Doch immer noch ist Friedrich Hölderlin der große Unbekannte unter den Klassikern der deutschen Literatur."

(Rüdiger Safranski)

Hölderlinturm in Tübingen am Neckarufer. Friedrich Hölderlin bewohnte das Turmzimmer im ersten Stock 36 Jahre, von 1807 bis zu seinem Tod 1843.

Johann Christian Friedrich Hölderlin, geboren vor 250 Jahren, genauer am 20. März 1770 in Lauffen am Neckar, studierte Theologie am Tübinger Stift, wo Hegel und Schelling seine Kommilitonen waren. 1796 wird er Hauslehrer bei der Bankiersfamilie Gontard in Frankfurt. Die Beziehung zur Hausherrin Susette Gontard, seiner Diotima, führt zur Entlassung. Nach Aufenthalten als Hofmeister in Hauptwil und Bordeaux wird er nach einem psychischen Zusammenbruch zur Behandlung in eine Heilanstalt eingewiesen und 1807 als unheilbar entlassen. In Tübingen nimmt ihn eine Schreinerfamilie auf und pflegt ihn bis zu seinem Tod im Jahre 1843.

Reiner Unglaub liest aus den wenigen erhaltenen Briefen des legendären Dichters, gerichtet an die Familie, an Freunde und berühmte Zeitgenossen.

Friedrich Hölderlin: der bekannte Unbekannte

Rüdiger Safranski mit seiner Biografie "Hölderlin" (Hanser)

Lesung aus seinen Briefen mit Reiner Unglaub am 4. Februar in den radioTexten am Dienstag, um kurz nach 21.00 Uhr auf Bayern2

Moderation und Redaktion: Antonio Pellegrino

Rüdiger Safranskis vor kurzem erschienenene "Hölderlin"-Biografie ist bei Hanser erschienen.

Unsere Lesungen können Sie nachhören: auf dieser Seite im Stream, als Download im Podcast-Center des Bayerischen Rundfunks und überall, wo es Podcasts gibt.


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