Bayern 2 - radioTexte


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"Über den Umgang mit Menschen" Die Herren Knigge und Herbst gehen um

Er wollte mehr als bloßer Benimmonkel sein, doch Adolf Freiherr Knigges Klassiker "Über den Umgang mit Menschen" gilt bis heute, über 200 Jahre nach seinem Erscheinen, immer noch als Synonym für gute Manieren. Christoph Maria Herbsts Lesung beweist, wie viel Psychologie, Menschenliebe, Unvergänglichkeit und Ironie im "Knigge" stecken.

Von: Kirsten Böttcher

Stand: 02.01.2020 | Archiv

Christoph Maria Herbst liest: "Knigge – Über den Umgang mit Menschen" | Bild: Der Audio Verlag

"Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen."

(Adolph Knigge)

Was sagt denn der ›Knigge‹ dazu? Ja, was eigentlich? Bis heute gilt der Knigge als Synomyn für gute Manieren, als die Instanz schlechthin bei Fragen des korrekten gesellschaftlichen Benehmens. Das Ziel des Freiherrn Knigge, den Menschen einen anständigen, sogar taktvollen Umgang miteinander beizubringen, hat von seiner Aktualität nichts verloren - im Gegenteil, möchte man fast sagen, angesichts der medial dauerpräsenten Mitmenschen beispielsweise, die uns regieren. Doch es muss nicht gleich der globale Maßstab sein. Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge, der 1752 geborene Niedersachse, wollte viel mehr als einfach nur gute Ratschläge liefern für Fragen der Etikette, etwa, welches Messer zu welchem Gericht passt. Geprägt von den Idealen der Aufklärung wollte Knigge eine Sammlung von "Umgangsregeln" kreieren - ein auf "Moral und Weltklugheit" begründetes System, keinesfalls ein "Complimentir-Buch". Menschenkenntnis und Ironie treffen auf erschütternde Direktheit und "Weltklugheit" - wer könnte Knigges Klassiker besser intonieren als Christoph Maria Herbst?

Adolf Knigge (1752-1796) war auch Mitglied des Illuminatenordens, galt als gefährlicher Demokrat und Jakobiner.

"Jeder Mensch gilt in dieser Welt nur so viel, als wozu er sich selbst macht. Das ist ein goldener Spruch, ein reiches Thema zu einem Folianten über den esprit de conduite und über die Mittel, in der Welt seinen Zweck zu erlangen; ein Satz, dessen Wahrheit auf die Erfahrung aller Zeitalter gestützt ist... Diese Erfahrung ist es, durch welche der empordringende Dummkopf sich zu den ersten Stellen im Staat hinaufarbeitet, die verdienstvollsten Männer zu Boden tritt und niemand findet, der ihn in seine Schranken zurückwiese. Doch still! sollte denn jener Satz uns gar nichts wert sein? Ja, meine Freunde! Er kann uns lehren, nie ohne Not und Beruf unsre ökonomischen, physikalischen, moralischen und intellektuellen Schwächen aufzudecken. Ohne also sich zur Prahlerei und zu niederträchtigen Lügen herabzulassen, soll man doch nicht die Gelegenheit verabsäumen, sich von seinen vorteilhaften Seiten zu zeigen... Mache Dich rar, ohne daß man Dich weder für einen Sonderling, noch für scheu, noch für hochmütig halte!"

(Knigge, Über den Umgang mit Menschen)

Adolph Freiherr Knigge

1752 wurde Adolf Franz Friedrich Ludwig auf dem väterlichen Gut Bredenbeck bei Hannover geboren. Im Alter von 14 Jahren war er Vollwaise und erbte Schulden in Höhe von 130.000 Reichstalern. Nach dem Jurastudium in Göttingen war er zunächst als Hofjunker und Assessor beim hessischen Landgrafen Friedrich II. tätig. Enttäuscht von den Intrigen am Hofe in Kassel quittierte er den Dienst und lebte ab 1775 als freier Schriftsteller in Hanau, Frankfurt am Main, Heidelberg und schließlich in Hannover. Von 1780 bis 1784 gehörte er dem Illuminatenorden an, wurde nach heftigen Machtkämpfen nach vier Jahren ausgeschlossen. 1788 erschien sein bereits zu Lebzeiten erfolgreiches Buch "Über den Umgang mit Menschen". Adolf Knigge starb 1796 in Bremen. 

Der Schauspieler Christoph Maria Herbst posiert 2014 in Köln bei der Weltpremiere von "Stromberg - der Film". Foto: Henning Kaiser/dpa

Christoph Maria Herbst, 1966 in Wuppertal geboren, arbeitete als Bankkaufmann, bevor er sich der Schauspielerei widmete. Bekannt wurde er später vor allem durch seine Rollen in Filmen wie Michael Herbigs »(T)Raumschiff Surprise – Periode 1«, in der Edgar-Wallace-Parodie »Der WiXXer« und der Fortsetzung »Neues vom WiXXer«. Sein komödiantisches Talent stellte er weiterhin in der Rolle des »Stromberg« in der gleichnamigen Fernsehserie unter Beweis. Für diese ist er mehrfach ausgezeichnet worden, u. a. mit dem Adolf-Grimme-Preis und dem Deutschen Comedypreis. 2019 erhielt der vielbeschäftigte Hörbuch- und Synchronsprecher den Deutschen Hörbuchpreis in der Kategorie Beste Unterhaltung für Die Hungrigen und die Satten von Timur Vermes. Seit April 2019 ist Herbst in der ZDF-Comedyserie Merz gegen Merz neben Annette zu sehen.

Adolph Freiherr Knigge: "Über den Umgang mit Menschen"

Lesung mit Christoph Maria Herbst am 7. Januar 2020 in den radioTexten am Dienstag auf Bayern2, wie immer kurz nach 21.00 Uhr

Herausgeber und Bearbeiter: Jörg-Dieter Kogel

Mit Musik von Carl Philipp Emanuel Bach, am Piano: Christoph Grund

Moderation und Redaktion: Antonio Pellegrino

Die gekürzte Lesung mit Christoph Maria Herbst ist auf zwei CDs bei Der Audio Verlag erschienen.

Unsere Lesungen können Sie nachhören: auf dieser Seite im Stream, als Download im Podcast-Center des Bayerischen Rundfunks und überall, wo es Podcasts gibt.


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