Bayern 2 - radioTexte


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Lese-Marathon in Klagenfurt zu Ende Birgit Birnbacher gewinnt den Bachmann-Preis 2019

42 Jahre alt und immer noch Kult! Klagenfurt war ab dem 26 Juni wieder fest in literarischer Hand. Seit 1977 wird bei den "Tagen der deutschsprachigen Literatur" um den Bachmann-Preis gerungen. Der einzige Literaturpreis, bei dem die Jury nicht im stillen Kämmerlein entscheidet, sondern live vor den Autor*innen, dem Publikum und vor den Fernsehkameras diskutiert. Gewonnen hat dieses Jahr Birgit Birnbacher, Leander Fischer erhielt den Deutschlandfunkpreis, der 3sat-Preis ging an Jannic Han Biao Federer und den Publikumspreis bekam Ronya Othmann und Julia Jost den Kelagpreis.

Von: Eva Demmelhuber

Stand: 28.06.2019

Bachmann-Preisträgerin 2019 Birgit Birnbacher mit ihrem Laudator Stefan Gmündner und Bürgermeisterin von Klagenfurt Maria-Luise Mathiaschitz | Bild: picture-alliance/dpa

"Nichts Schönres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein"

Dieses schönste Kompliment für die Sonne und den Sommer sind die Gedichtzeilen der großen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann. Unter der Kärtner Sonne, bei 30 bis 39 Grad, ringen 14 Autor*innen um den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis, der am Sonntag verliehen wird. Die mittlerweile zum Sammlerobjekt avancierten Liegestühle sind aufgestellt, Klagenfurt lädt an vielen Plätzen ein, die halbstündigen Lesungen mit der anschließenden ebenso langen Diskussion der Jury zu verfolgen, "Public literature viewing" bei einm Seidel Bier oder einem großen Braunen.

Klagenfurt und ein Millionenpublikum

ORF Landesstudio Kärnten

Drei Tage lang, 28 Stunden steht die Literatur im Mittelpunkt. Auch im ORF-Studio, direkt am Ort des Geschehens, wird der Lesemarathon aufmerksam verfolgt von Schulklassen und Literaturaffinen jeglichen Alters. Eine Choreographie des gemeinsamen Umblätterns der bis wenige Minuten vor der Lesung unter Verschluss gehaltenen Manuskripte. Ein Mantra aus rhythmischem Blätterrascheln, konzentriertem Mitlesen und Mitfiebern mit den Autoren, die sich dieser - man möchte fast sagen - Zeremonie stellen.

Der Ingeborg-Bachmann-Preis seit 26. Juni im ORF-Landesstudio Kärnten

Klagenfurt geschmückt mit Zitaten berühmter Schriftsteller*innen

Das Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis im österreichischen Klagenfurt ist die einzige Literatur-Veranstaltung, die mehrere Hunderttausend Leute erreicht, mit Tendenz nach oben. Dieses Jahr wird der dreitägige Lesemarathon nicht nur von 3sat live übertragen, sondern auch vom Deutschlandfunk, der auch gleich noch einen Preis in Höhe von 12.500 Euro gestiftet hat. Insgesamt gibt es Preisgelder in Höhe von 62.500 Euro.

Eröffnungsrede über Wrestling, Literatur und Politik

Den Eröffnungsabend am Mittwoch, dem 26 Juni, bestritt der österreichische Schriftsteller und ehemalige Bachmann-Kandidat Clemens J. Setz: "Kayfabe und Literatur" überschrieb er seine Klagenfurter Rede zur Literatur, in der er Wrestling und die Storyline, die für jeden Kampf im Vorfeld anonym geschrieben wird, mit der Arbeit als Schriftsteller, der Literatur und der Politik spielerisch zusammenbrachte.

"Den Rechtsradikalen und Rechtspopulisten, die nun überall in Europa langsam ihre Faust um wichtige Institutionen zu schließen beginnen, kann man getrost die Mitteilung machen: Natürlich werdet ihr verschwinden. Make no mistake. Man sieht euch bereits an den Rändern flackern. Euer System ist ein geschlossenes, und wie alle geschlossenen Systeme erstickt es irgendwann an sich selbst, verirrt sich in den beschriebenen strange loops der Kayfabe und der Selbstverwechslung. Ihr wisst gar nicht mehr, wer euch schreibt."

Die 14 Teilnehmer*innen

In diesem Jahr wurden von der Jury eingeladen: Katharina Schultens aus Berlin, die Wienerin Sarah Wipauer, Silvia Tschui aus Zürich, Julia Jost aus Hamburg, Andrea Gerster aus dem Kanton Thurgau, Yannic Han Biao Federer aus Köln, die gebürtige Münchnerin Ronya Othmann, Birgit Birnbacher aus Salzburg, Daniel Heitzler aus Berlin, der Berner Tom Kummer, Ines Birkhan aus Wien, Leander Fischer aus Hannover, der Wiener Lukas Meschik und Martin Beyer, der in Bamberg lebt.

"Die Spezialisten, die Experten mehren sich, die Denker bleiben aus"

Dieses Zitat von Ingeborg Bachmann haben sich die Veranstalter für das Literaturfestival heuer auf die Fahnen geschrieben, ein mehr als passendes Zitat für die heutige Zeit.
Klagenfurt- und Literaturexpertin Cornelia Zetzsche stellt am Sonntag, dem 30. Juni, in radioTexte - Das offene Buch die besten Texte des diesjährigen Lese-Marathons aus Klagenfurt vor. Wie immer um 12.30 Uhr auf Bayern 2.

Laufend aktuelle Informationen gibt es auf der Internetseite der Kollegen von ORF und 3sat


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