Bayern 2 - Notizbuch


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Kaffeekonsum im Wandel Vom Blümchenkaffee zum Espresso "to go"

Kaffee ist Kult. Doch die Geschmäcker sind verschieden. Galt jahrzehntelang der frisch gebrühte Filterkaffee als Inbegriff von Stil und Genuss, boomen jetzt Espresso, Latte Macchiato und aromatisierte Kaffeekreationen. Genossen wird der neue Kaffee nicht am Kaffeetisch, sondern einfach "to go".

Stand: 21.09.2011 | Archiv

Eine Selbstbedienungs-Theke mit einem riesigen Kaffee-Angebot und gemütlichen Ohrensesseln zum Verweilen: So muss die moderne Kaffeebar - der Coffeeshop - aussehen. In den vergangenen zehn Jahren sind Bars wie diese wie Pilze aus dem Boden geschossen. Kaffee und seine Variationen gibt es bei Bedarf natürlich zum Mitnehmen. Ein Drittel der Kaffeeprodukte wird mittlerweile außer Haus konsumiert.

Klassiker aus Italien: der Cappuccino

Vor allem der Espresso-Konsum ist in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren regelrecht explodiert. Der starke kleine Italiener ist die Basis für Zubereitungsformen wie Cappuccino und Latte Macchiato. Dass der Coffee to go so beliebt ist, ist kein Wunder: Das heiße Milchgetränk ist nahrhaft, anregend und unkompliziert: In Sekunden frisch gebrüht, im Pappbecher serviert, im Gehen schnell getrunken. Und das Wichtigste: Der Kaffee ist überall verfügbar - oft auch auf Knopfdruck. Damit sind Coffeeshops ein Teil der Lebenswelt vieler Menschen geworden. Mit ihrem Boom erlebte Deutschland seine zweite Eroberung durch den Kaffee. Die erste fand in den 50er-Jahren statt.

Wie der Kaffee nach Europa kam

Ursprünglich kommt die Kaffee-Pflanze aus Äthiopien. Wo heute der Jemen, Ägypten oder Eritrea liegen, trank man das tiefschwarze Gebräu aus dunklen Bohnen schon im 15. Jahrhundert. Die Türken brachten den bitteren Trunk ins südöstliche Europa, Deutschland erreichte der Kaffee aber erst 200 Jahre später. Das erste deutsche Kaffeehaus stand 1673 in Bremen, Hamburg zog erst vier Jahre später nach. Mit ihren Welthäfen wurden die beiden Hansestädte zum Umschlagplatz für die wertvollen Kaffeebohnen.

Leicht genug - der Blümchenkaffee

Das bittere Getränk blieb für viele Jahrhunderte ein teures Genussmittel. Vor allem den feinen Damen waren die Röstungen und kräftigen Bohnen oft zu stark. Um der übermäßigen Bitterkeit vorzubeugen, malte man bunte Blümchen auf den inneren Boden der Tasse. War der Kaffee leicht genug - auch für die Damen -, konnte man durch den Kaffee hindurch Blümchen sehen. Blümchenkaffee eben.

Erst im 19. Jahrhundert wurde Kaffee der breiten Bevölkerung zugänglich. In allen europäischen Städten, von Wien bis London, entstanden Kaffeehäuser. Der Handel mit dem populären braunen Gold stieg rasant an. Heute ist Kaffee das zweitwichtigste Handelsgut nach Erdöl. Die Konsum von Rohkaffee ist innerhalb von 200 Jahren um das Sechzigfache gestiegen.

Siegeszug in den 50er Jahren

War Kaffee in den 50er Jahren zunächst noch ein Luxusprodukt, das man am Sonntagnachmittag nach dem Mittagessen trank, fand er bald seinen Weg in den Alltag. Mit dem aufkeimenden Wirtschaftswunder genossen die Deutschen den frisch gebrühten Bohnenkaffee umso mehr. Im Wohlstand der 60er und 70er wurde daraus der Morgenkaffee - eine Selbstverständlichkeit. In die Büros wanderte der Kaffee in den 70ern und 80ern. Heute trinkt ein Deutscher im Jahr durchschnittlich 148 Liter Kaffee - und damit mehr als Mineralwasser oder Bier. Um den großen Durst zu stillen, mussten Kaffeehändler 2008 insgesamt 520.000 Tonnen Rohkaffee in die Bundesrepublik importieren - sieben Mal so viel wie 1953.


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