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Quincy Jones wird 80 Der musikalische Allrounder

Er hält musikalische Rekorde über Rekorde: Grammys, verkaufte Platten etc. pp. Dabei hat Quincy Jones nie seine Seele verkauft. Nun wird der musikalische Allrounder 80 Jahre.

Von: Klaus Walter

Stand: 14.03.2013 | Archiv

Quincy Jones | Bild: picture-alliance/dpa

Freude, Vergnügen, Entzücken, Lust, Wohlgefallen, Wonne, Glück – all diese Zustände beschreibt das englische Wort "Delight". Da müssen die Eltern von Quincy Jones schon irgendwas geahnt haben, als sie ihrem Sohn diesen zweiten Vornamen gaben: Delight. Am 14. März 1933 erblickt Quincy Delight Jones Jr. n Chicago das Licht der Welt. Dieser Quincy Delight Jones jr. versteht sich nicht nur auf  Freude, Vergnügen und Entzücken, er versteht sich auf den Blues und den Bossa Nova, auf Jazz und Pop, auf Afrikanisches und sogar auf HipHop.

Worauf sich Quincy Delight Jones Jr. allerdings nicht versteht, das ist das Autofahren, einen Führerschein hat er nie gemacht. Ansonsten hat Quincy Jones so ziemlich alles erreicht, was man in der populäre Musik erreichen kann. Das People Magazin wählt Quincy Jones 1996 zu einem der “50 most beautiful people in the world”, seit 1988 ist er in der Big Band Hall of Fame und in der Jazz Hall Of Fame, er hat selbstverständlich einen Stern auf dem Walk Of Fame in Hollywood und Quincy Jones ist Besitzer von sage und schreibe 27 Grammys, kein lebender Künstler hat mehr. Sein Vermögen wird auf 310 Millionen geschätzt, darum beneiden ihn viele. Viele Männer beneiden ihn noch mehr dafür, dass er mit Nastassja Kinski zusammen war, mit der Schauspielerin hat er auch eine Tochter: Kenya Julia Miambi Sarah Jones ist eins von sieben Kindern von Quincy Jones, die sieben haben fünf verschiedene Mütter. Und wo wir gerade bei den Zahlen sind: runde 110 Millionen Exemplare wurden von einem Album verkauft, das Quincy Jones 1982 mit einem gewissen Michael Jackson produziert hat, auch das ist Weltrekord. Und es ist typisch für Quincy Jones, das dieses Album mit einem Song beginnt, der seine Ursprünge in Afrika hat, beim Makossa in Kamerun. Der Afro-Amerikaner Quincy Jones weiß, wo er herkommt und er hat einen Blick über den Tellerrand der USA.

Von Quincy und Frank zu Quincy und Michael

“Thriller” ist das zweite von drei Alben, die Quincy Jones mit Michael Jackson produziert. Wenn jemals das dubiose Wort von der Win-Win-Situation angebracht war, dann hier: Dank Quincy Jones wird Michael Jackson zum größten Popstar des Planeten, dank Michael Jackson wird Quincy Jones zum einflußreichsten Produzenten des Planeten. Was beide, den Sänger Michael Jackson und den Produzenten Quincy Jones gemeinsam haben, das ist der Anspruch, eine Musik zu machen, die buchstäblich alle erreicht: Große und Kleine, Alte und Junge, Frauen und Männer, Schwarze und Weiße, Rote und Grüne, selten hat eine Musik mehr das Prädikat Universal verdient.

Als „Pate der schwarzen Musik“ hat der amerikanische Rolling Stone diesen Quincy Jones bezeichnet. Ein fragwürdiges Kompliment, ja sogar ein vergiftetes Kompliment, denn der schwarze Allround-Musiker, Dirigent und Produzent hat sich nie auf die sogenannte schwarze Musik beschränkt. Seine Arbeit über fast 60 Jahre ist im besten Sinne farbenblind und seine größten Erfolge – neben den Hits mit Michael Jackson – hat er mit einem weißen Amerikaner mit italienischen Vorfahren.

"Frank Sinatra hat mir einen neuen Planeten erschlossen. Ich habe mit ihm bis zu seinem Tod 1998 gearbeitet. Er hat mir einen Ring hinterlassen. Wenn ich jetzt nach Sizilien komme brauche ich keinen Reisepass. Ich lasse nur meinen Ring aufblitzen."

Quincy Jones

Seinen ersten Produzentenjob für Frank Sinatra absolviert Jones 1964 für das Album “It Might as well be Swing”. Erste Erfolge feiert der junge Quincy Jones schon in den Fünfziger Jahren: als Komponist und als Dirigent, als Arrangeur und Produzent begleitet er Plattenaufnahmen von Jazzgrößen wie Cannonball Adderley und Sonny Stitt, und von Sängerinnen wie Dinah Washington und Sarah Vaughan.

Mit Frauen konnte er es immer gut...

Mit seinen kunstvollen Produktionen befreit Quincy Jones den ehemaligen Kinderstar Michael Jackson 1979 aus dem Nischenmarkt namens Soul oder Black Music und macht ihn zum Popstar mit globaler Reichweite. Raus aus der Nische – hin zu den Massen, das könnte das musikalische Lebensmotto des Quincy Jones sein. Allerdings bedeutet dieses „hin zu den Massen“ niemals „Anbiedern bei den Massen“. Ausnahmen bestätigen die Regel, so etwa der verkitschte Benefizsong „We are the world“, der zu den kleinen Sünden des Starproduzenten gehört.

"Ein guter Produzent ist wie ein guter Filmregisseur"

Was ist eigentlich ein guter Produzent? In einem Interview 2011 in der Zeit antwortet Quincy Jones so.

"Er muss den Künstler, in dem, was ihn ausmacht respektieren, verstehen und lieben. Er muss die richtigen Mitspieler aussuchen und die an die richtige Stelle setzen. Er muss aber auch dazu in der Lage sein, im Studio passende Worte für jeden zu finden. Ein guter Produzent ist wie ein guter Filmregisseur: Er überwacht den gesamten kreativen Prozess. Man ist technischer Leiter, Kindermädchen, Bruder und Hebamme zugleich."

Quincy Jones

Wenn Quincy Jones immer wieder gepriesen wird für die globale Strahlkraft seiner Musik, dann hat das auch damit zu tun, dass er immer ein Ohr hatte für die Musiken aus anderen Ecken der Welt. Seine große Liebe gilt der Musik und der Kultur Brasiliens, den brasilianischen Karneval hat er mal bezeichnet als „eines der spektakulärsten spirituellen Ereignisse auf dem Planeten“.

Konsequenterweise nimmt er 1962 das Album „Big Band Bossa Nova“ auf, mit brasilianischen Klassikern wie “Desafinado” aus der Feder von Antonio Carlos Jobim. Die große Bossa Nova Welle schwappt um den Globus und Quincy Jones übernimmt seine Lieblingsrolle, er gibt den Mittler, den Vermittler, den Katalysator. Auf seine typische Art bringt er seinen amerikanischen Landsleuten eine exotische und durchaus fremde Musik nahe, er nimmt den brasilianischen Sound und macht ihn zum Quincy Jones-Sound, er macht das Neue zugänglich, ohne es seiner Substanz zu berauben, er macht es populär, agiert dabei aber nicht populistisch. Und Quincy Jones spielt nicht nur die brasilianischen Klassiker nach, er komponiert auch einen Song, der es seinerseits zum Klassiker schafft: Quincy Jones kreuzt den Soul Nordamerikas mit dem Bossa Nova Südamerikas: Soul Bossa Nova, ein moderner Evergreen, der 1998 noch einmal zum Hit wird, dank einer Sportschuhwerbung im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft.

Jones bleibt populär, und er vermeidet das Populistische

Die Musik von Quincy Jones überspringt mühelos die Jahrzehnte, ein Hit aus den Sechzigern erreicht auch am Ende des Jahrhunderts noch die Massen. Und die Musik von Quincy Jones überspringt mühelos die Genregrenzen, sie funktioniert auch im HipHop. Das beweisen die Dream Warriors 1990 mit ihrer Adaption des Soul Bossa Nova, die Rapper verwenden den Hit von Quincy Jones für ihre "Definition of a boombastic Jazz Style". Drei Jahre später samplen The Pharcyde einen Song von Quincy Jones für iihren Rap-Hit „Passin´me by“. HipHop-Musiker profitieren von Quincy Jones profitieren, Quincy Jones profitiert vom HipHop.

Quincy Jones mit Miles Davis

Der mittlerweile 80jährige läßt sich Zeit seines Lebens auf neue Musik ein, er kennt keine Scheuklappen. Immer wieder schaut Quincy Jones in die weite Welt hinaus, vor allem nach Afrika. Auf seinem Album „Gula Matari“ übersetzt er afrikanische Musiksprachen ins allgemeinverständliche Amerikanisch seiner Zeit. Und immer wenn man denkt, jetzt wird´s aber sehr gefällig, jetzt kippt es in Richtung Urlaubspostkarte von der Pauschal-Safari, immer dann kriegt Quincy Jones dann doch die Kurve. Er bleibt populär, und er vermeidet das Populistische. Dabei helfen ihm hier Weltklasse-Musiker wie Eric Gale, Ron Carter und Herbie Hancock. Das letzte Wort gehört dem Jubilar. Quincy Jones hat mal gesagt:

"Das Letzte, was von unserem Planeten verschwinden wird, sind Wasser und Musik."

Quincy Jones


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