Neuerscheinungen der Woche Neue Alben von von Jessy Lanza, Jon Hassell & Howling
Die Neuheiten der Woche im kompakten Überblick. Wir hören hinein in die frischen Werke von East Man, La Brass Banda, Tyree Glenn jr., Seasick Steve, Sandra Hüller, Courtney Marie Andrews, Jessy Lanza, Howling, Kamaal Williams, Jon Hassell, Nicolas Bogaieff und Thomas Bartlett

EAST MAN - Prole Art Threa
Das ist vornehmlich der Londoner Anthoney Hart, der sich seit einigen Jahren mit den Tanzmusiken seiner Heimatstadt beschäftigt, sich diverse Sänger-Innen ins Studio holt und dann so etwas kreiert wie Post-Grime oder Post-Dubstep. „Prole Art Threat“, Bedrohung durch proletarische Kunst, heißt das neueste Album, genau wie einst ein Song von Mark E.Smiths The Fall. Und tatsächlich sind viele der hier vertretenen Songs von umwerfender Gefährlichkeit. (8,0 von 10 Punkten)
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Who Am I?
LABRASSBANDA - Danzn
Dies ist eine Platte, die die bekannten Qualitäten der Band - Virtuosität und Power - mit dem Hang des Sängers Stefan Dettl zur Eingängigkeit verknüpft. Herausgekommen ist so ein extrem gefälliges Album, das sich nur ein paar Ausreißer in gewagtere Gefilde leistet. Spätestens jetzt darf man LaBrassBanda als die neue Spider Murphy Gang betrachten, aber das war wohl auch der Plan. (5,0 von 10 Punkten)
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LaBrassBanda - Discobauer (Offizielles Musik Video)
TYREE GLENN JR - Superbad -The Best of
„Marler Eintopf“ heißt tatsächlich einer der Tracks, der im Grunde eine deutschsprachige Coverversion des „Memphis Soul Stews“ ist, eines Sixties-Klassikers von King Curtis. Diese Version kommt von Tyree Glenn Junior, ebenfalls Saxophonist und Sohn von Tyree Glenn, einst Posaunist im Ensemble von Duke Ellington. Den Sohn verschlug es eben nach Marl in Nordrhein-Westfalen, wo er in den Siebzigern eine Soulfunk-Band betrieb. Die war auf Coverversionen spezialisiert und hatte sowohl James Brown als auch Kool & The Gang drauf. (5,9 von 10 Punkten)
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Tyree Glenn Jr. - Superbad
SEASICK STEVE - Love and Peace
Ein bisschen ZZ Top, ein bisschen Sly & the Family Stone - der 69jährige Seasick Steve erfindet weder sich noch den Blues Rock auf seiner neuen Platte neu, aber er hat inzwischen zu einem ziemlich sicheren und souveränen Stil gefunden, 15 Jahre nach seiner späten Entdeckung. In Europa hat er mehr Fans als in seiner amerikanischen Heimat - auch daran wird sich nichts ändern. (7,5 von 10 Punkten)
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Seasick Steve - St. Louis Slim (Down Home Sessions)
SANDRA HÜLLER - Be your own Prince
Sandra Hüller ist spätestens seit ihrer Hauptrolle in „Toni Erdmann“ so etwas wie ein deutscher Star. Und wie viele ihrer Kollegen drängt es sie auf die Gesangs-Bühne. Nun erscheint ein Mini-Album von ihr. Es bietet sieben existenzialistische Songs. Genau wie beim Schauspielern wagt Sandra Hüller mehr als Jan Josef Liefers oder Axel Prahl, die ja auch singen, aber nur Nettigkeiten absondern. Aber natürlich geht es auch hier irgendwie um Selbstverwirklichung, was für andere oft schwierig nachzuvollziehen ist. (6,9 von 10 Punkten)
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Sandra Hüller - Champaigner (Official Video)
COURTNEY MARIE ANDREWS - Old Flowers
Wenn jemand Courtney Marie Andrews heißt und aus Austin, Texas stammt, dann darf man nichts anderes erwarten als das typische All American Girl. Seit zwölf Jahren macht sie nun Platten, die immer irgendwo zwischen Country und Rock einlaufen. Aber auf dem neuen Werk wird’s ab und zu auch mal exzessiv und dramatisch. Courtney Marie Andrews hat erkannt, in welch zerrissenem Land sie lebt und bringt das zwischen ihren Linda-Ronstadt-haften Songs gelegentlich zum Ausdruck - entsprechend ambivalent ist das Album ausgefallen. (6,9 von 10 Punkten)
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Courtney Marie Andrews - May Your Kindness Remain (Official Audio)
JESSY LANZA - All the Time
Auch Jessy Lanzas drittes Album ist wieder auf dem britischen Avantgarde-Dance-Label „Hyperdub“ erschienen, aber „All the Time“ ist weder Avantgarde noch Dance, sondern eher elektronischer, gelegentlich ironischer R&B. Offenbar will es die 34jährige nun doch mal kommerziell wissen, aber wie das in solchen Fällen oft ist: Für dem Mainstream klingt es immer noch zu seltsam, für den Underground zu gewöhnlich - ein Missgriff, würde ich sagen. (6,0 von 10 Punkten)
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Jessy Lanza - Anyone Around
HOWLING - Colure
Howling, das sind nach wie vor der Elektroniker Frank Wiedemann und der Sänger, der sich Ry X nennt. Zusammen machen sie nun schon seit einigen Jahren sehr gepflegten House-Pop. Man könnte Howling spätestens jetzt, mit ihrem neuen Album „Colure“ als die wahren Nachfolger von Erasure betrachten. Allerdings machen Erasure ja ebenfalls munter weiter. Das neuen Hwoling-Album funktioniert als After-Work-Quarantäne-Soundtrack jedenfalls perfekt. (7,2 von 10 Punkten)
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Howling - 'Lover' (Official Video)
KAMAAL WILLIAMS - Wu Hen
Der britische Pianist ist - wie so viele Jazzer - ungeheuer fleißig und hat schon etliches herausgegeben. Dabei ist er erst Anfang 30. Auch hier haben es nicht mit Innovation zu tun, sondern eher mit solider Standard-Ware, die irgendwo zwischen dem Sound von John McLaughlin und den E-Piano-Passage eines Stevie Wonder nachhause kommt - Feierabendmusik. (7,0 von 10 Punkten)
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Kamaal Williams - Mr Wu (Official Audio)
JON HASSELL - Seeing through Sound
Der inzwischen 83jährige Trompeter Jon Hassell wird schon seit den frühen 80ern geschätzt, als er auf Brian Enos Label „EG Records“ völlig eigenständige Musik herausbrachte unter dem Motto „Fourth World Music“. Am Stil Hassells hat sich seitdem gar nicht mal so viel verändert. Auch seine neue Platte ist auf eigentümliche Weise zauberhaft schön, wenn auch nicht das Beste von Jon Hassell. (6,6 von 10 Punkten)
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Jon Hassell - Seeing Through Sound (New album out July 24)
NICOLAS BOGAIEFF - The Upward Spiral
Nicolas Bogaieff, ein kanadischer Techno-DJ in Berlin, bringt sein erstes Album heraus. Oft wird hier auch düster und monoton geballert. Bogaieff ist mit seinem Throbbing-Gristle-Sound genau beim richtigen Label gelandet, bei Mute Records. (6,4 von 10 Punkten)
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Nicolas Bougaïeff - Nexus
THOMAS BARTLETT - Shelter
Dies ist Musik, die es ohne die Corona-Krise wohl nicht gegeben hätte. Der New Yorker Pianist und Produzent Thomas Bartlett hat die Ausgangsbeschränkungen genutzt, um für das Album „Shelter“ ein paar hübsche Solo-Nocturnes einzuspielen, die alle Namen von Rosenarten tragen und niedlich bis genial vor sich hinplänkeln. (7,6 von 10 Punkten)
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Thomas Bartlett - Lucida