Bayern 2 - Nachtmix


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Neuerscheinungen der Woche Neue Alben von Foo Fighters, Puma Blue und Black Country New Road

Die Neuheiten der Woche im kompakten Überblick. Neue Platten gibt's von Puma Blue, Femi Kuti, Foo Fighters, Telescope, Black Country New Raod, Dissy, Aaron Lee Tasjan, TV Priest, The Weather Station und Mike Shannon.

Von: Ralf Summer

Stand: 04.02.2021

Puma Blue - In Praise of Shadows | Bild: PIAS

Puma Blue - In Praise of Shadows

Slow Music mit viel Platz zwischen den Tönen: der Brite Jacob Allen dreht im Prinzip den Cool Jazz weiter: was bei Chet Baker die Sehnsuchts-Trompete war, ist bei ihm die Sehnsuchts-Gitarre. Als Puma Blue knüpft er auch an den Singer-/Songwriter-Soul von Oscar Jerome an, der 2020 Album der Woche im Zündfunk / Bayern2 war. Denn auch Puma Blue arbeitet viel mit der ruhigen Jazz-Gitarre. Nach zwei EPs, einigen Singles und Live-Album ist „In Praise of Shadows“ nun die erste reguläre Studio-Platte. „Lob Des Schattens“ ist der passende Titel für dieses Late-Night-Werk. „Es geht darum, das Licht in der Dunkelheit zu finden – die Balance von Licht und Dunkelheit, die schmerzhaften Dinge, von denen man heilen muss oder die man akzeptieren muss, die einen zu einem besseren Ort durchbringen“, so Allen. Wie nannte der junge Londoner seinen Sound, als er eine erste Single veröffentlichte: „Dream Soul Jazz“. Musik mit sanfter Oberfläche – sie haben Titel wie „Velvet Leaves“, „Silk Print“ oder „Super Soft“. Dieser relaxte Zeitlupen-Sound passt auf eine Playlist zwischen Chet Baker und King Krule. Hat jemand Kuschel-Jazz gesagt? Am 11.2. können wir sein Online-Release-Konzert aus London im Netz sehen. (8,0 von 10 Punkten

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Puma Blue - Silk Print (Official Video) | Bild: Puma Blue (via YouTube)

Puma Blue - Silk Print (Official Video)

Black Country, New Road - For The First Time

Eine sehr freie, noisige Band mit Saxophon – und doch aus dem typisch britischen Indieversum: Black Country, New Road sind ein Mädchen-Jungs-Septett. Ihr erster Song wurde von Super-Produzent Dan Carey auf seinem Speedy Wunderground-Singles-Label veröffentlicht – diese Ehre hatten schon Kate Tempest oder Loyle Carner. BC,NR-Sänger Isaac Wood macht manchmal den Eindruck eines Besessenen am Mikrofon – dann klingt seine Stimme wieder nach dem wackligen, flehenden Conor Oberst in frühen Bright Eyes-Jahren. Wie einige andere, derzeit angesagte UK-Bands kommen auch sie aus dem Umfeld des Londoner Liveclubs The Windmill – neben Fat White Family, Black Midi und Squid. Allesamt herrlich unberechenbar – mit einem leichten Schlag No Wave. Am 6. März soll es einen Live-Stream-Event zum Debüt aus London geben. Im Herbst soll in München das Konzert nachgeholt werden, das für den 13.2. im Feierwerk geplant war. (7,5 von 10 Punkten)

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Black Country, New Road - 'Track X' (Official Video) | Bild: Black Country, New Road (via YouTube)

Black Country, New Road - 'Track X' (Official Video)

Femi Kuti - Stop the Hate

Dieser Familienname dürfte der berühmteste und einflussreichste Musikername Afrikas sein: Kuti. Der Nigerianer Fela Kuti (1938-1997) war Erfinder des Afrobeat (mit Tony Allen am Schlagzeug). Felas ältester Sohn Femi wurde 1962 geboren und begann 1979 in der Band des Vaters Saxophon zu spielen. Wenige Jahre wurde sein Vater auf dem Flughafen der Hauptstadt Lagos verhaftet – Femi musste das erste Mal Papas Band live führen. Femi Kutis neues Album ist ganz im Stile seines Vaters gehalten – auch was die politische Botschaft betrifft: „Stop The Hate“ heisst Femis neue Platte. Auf der er soziale Ungerechtigkeiten und Korruption in seiner Heimat Nigeria thematisiert. Coldplay-Fans kennen Femi von seinen Beiträgen auf deren letztem Album. Doch die dritte Kuti-Generation ist auch schon am Start: Femis Sohn Made Kuti (geboren 1995) veröffentlicht am gleichen Tag, 5.2., sein neues Werk „For(e)ward“. Made spielt alle Instrumente selbst. Zusammen gibt’s die Vater&Sohn-Platten auch im frobeat-Doppelpack: unter dem Namen „Legacy +“. Der Clou: ein Song ist auf beiden Alben – und wird unterschiedlich gespielt / ausgelegt: „Your Enemy“ (Made) wurde zu „Pà Pá Pà“ (Femi). Insgesamt ist der Kuti Enkel etwas wagemutiger und lässt auch mal in andere Genres ausfransen. Papa Femis Song sind energetischer und Vokal-lastiger. Und manchmal sind seine kritischen Songs auch der Hit – wie das schmissige „Show Of Shame“. Afrobeat geht in die dritte Generation. (Beide 7,5 von 10 Punkten)

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Femi Kuti - Pà Pá Pà (Official Video) | Bild: Femi Kuti (via YouTube)

Femi Kuti - Pà Pá Pà (Official Video)

Telescopes - Songs of Love and Revolution

Für Fans von Spacemen 3/Spectrum/Sonic Boom – also Psychedelic, wobei sie mehr rocken. Diesmal irgendwie dumpf. Ich dachte schon die Vorab-Songs seien defekt, aber das Label winkt ab: „so beabsichtigt“, sagt Bandboss Stephen Lawrie. The Telescopes, einst vom späteren Oasis-Entdecker Alan McGee für dessen Creation Label (Primal Scream, The Jesus & Mary Chain) gesignt, umgeben sich komplett von meterhohen Feedbackwänden. Ein Sound wie Selbstisolation. „Songs of Love and Revolution“ ist schon die dritte Platte der Briten beim Hamburger Tapete Label, die mehr und mehr Musiker auffangen – zunehmend auch aus dem Ausland. Wenn für die Telescopes die „Revolution of Sound“ so klingt wie hier, dann habe ich sie wohl nicht ganz verstanden. Ich bleibe dabei: die Musik klingt (gewollt) kaputt. (6,5 von 10 Punkten)

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The Telescopes - Strange Waves | Bild: Tapete Records (via YouTube)

The Telescopes - Strange Waves

Aaron Lee Tasjan - Tasjan! Tasjan! Tasjan!

Glam, Retro, Indie - der Rolling Stone schreibt: „klingt als ob ein Hipster-DJ Tom Petty mit AOR-Elementen kreuzen“. Und tatsächlich, „Up All Night“ klingt wie Tom Petty/Traveling Wilburys. Der in Nashville lebende Musiker, den man Tasjan schreibt und Täs-Dhschän spricht, ist ein begnadeter Songwriter. Auf seinem vierten Album finden sich auch noch andere potenzielle Hits wie „Computer of Love“, „Feminine Walk“ oder „Cartoon Music“. Die Kollegen vom NPR-Radio in den USA nennen es „the pop-kissed soul of old-time rock and roll“. Trotzdem ein bissl viel Vintage und Blick zurück im Klanggewand.

Tasjan singt vom Trinken, von ausschweifenden Abenden, von Sexualität. „Die drei Dinge, die mich am meisten sorgen sind: meine Gesundheit, Alleinsein – und Geld“, sagt er. Es ist all den „alternativen Kids“ gewidmet, „die sich auch 'anders' fühlten, als sie aufwuchsen.“ Tasjan versucht sie alle ins Boot zu holen – alle Aussenseiter. Aber: mit so gefälliger Musik? (7,0 von 10 Punkten)

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Aaron Lee Tasjan - "Up All Night" [Official Video] | Bild: New West Records (via YouTube)

Aaron Lee Tasjan - "Up All Night" [Official Video]

Dissy - Bugtape part B

Deutsch-Rap aus Erfurt – mit freundlicher Unterstützung von Sängerin Mine.
Sie ist dabei beim Stück „Freak“. „Bugtape part B“ ist die Fortsetzung dessen, was vor ein paar Monaten als Mixtape begonnen wurde. Eine Platte voller Breaks, durchzogen von vielen cineastischen Snippets und Deutsch-Rap-fremden Instrumenten. „Spannender Gegenentwurf zum typischen Playlist-Sound“ schrieb damals Hiphop.de zu „Bugtape part A“. Dissy war mit Maeckes und Chefket auf Tour und drehte Musikvideos für Megaloh und Clueso. „Vielleicht werd ich heut was Krankes tun, werde zum Psychopathen-Selbstversuch“ singt Dissy, der einst als dissythekid begann. Ab hier überlass ich dich hier nun lieber dir selbst und dem Coming of Age-Sound. (6,5 von 10 Punkten)

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DISSY - angst (Official Video) | Bild: DISSY (via YouTube)

DISSY - angst (Official Video)

The Weather Station - Ignorance

Folk adé – Tamara Lindeman braucht diesmal andere Tools, um ihre Emotionen zu verarbeiten. Der überragende Song auf dem neuen Album von The Weather Station - „Robber“ - erinnert an den Kammer-Pop von Talk Talk, gekreuzt mit Fiona Apple. Die Songs auf „Ignorance“ sind diesmal nicht mehr von der Gitarre her gedacht, sondern Keyboard-lastig – gespielt von Johnny Spence von Tegan & Sara. Aufgenommen hat Marcus Paquin, der schon mit Arcade Fire arbeitete. Klasse gedacht/gemacht – beim Hören von „Ignorance“ werden sich Fans von Stevie Nicks bzw 80er-Fleetwood Mac freuen. (7,5 von 10 Punkten)

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The Weather Station - Parking Lot (Official Video) | Bild: The Weather Station (via YouTube)

The Weather Station - Parking Lot (Official Video)

DAVID WALTERS - Nocturne

„Nocturne“ - wie der Name schon sagt: „eine Meditation in Schwarz-Weiss, eine Reise voller Melancholie“. Eingespielt während des Lockdowns in Paris - mit Vincent Ségal (Cello), Ballaké Sissoko (Kora) und Roger Raspail (Percussion). Vom in Marseille lebenden Musiker, DJ und Journalisten David Walters. Der langjährige TV-Moderator des französischen Senders Canal+ mit karabisch-kreolischen Wurzeln in Martinique. Die neue Platte entstand statt der Tour mit dem letzten Album: „ich war auf dem Absprung. Auf einmal befinde ich mich zuhause eingeschlossen mit einer Energie, die irgendwo hinwollte, wie ein Feuerball in einem Käfig“, klagt Walters. Mit den drei befreundeten Musikern nahm er seine neuen, in mehreren Sprachen verfassten Songs auf: ohne Kopfhörer, ohne Elektronik – wie bei einer akustischen Jazz-Session. Man hat das Gefühl einem Lagerfeuer-Konzert am Strand beizuwohnen. Urlaubsersatzsoundtrack! (7,0 von 10 Punkten)

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David Walters - SOLEIL KREYOL• Album of the Year selections // ✨NOCTURNE✨ NEW ALBUM ! | Bild: Heavenly Sweetness (via YouTube)

David Walters - SOLEIL KREYOL• Album of the Year selections // ✨NOCTURNE✨ NEW ALBUM !

TV PRIEST - Uppers

Post-Punk/Post-Hardcore ist der neue Indie: Idles, Shame, Fontaines D.C., Viagra Boys, Metz – und nun schlägt noch eine UK-Band in diese Kerbe. Bzw drischt in die Saiten, mit zum Teil selbstironischen Seiten. TV Priest sind das neue Signing von Sub Pop (Nirvana, Fleet Foxes). „Uppers“ ist ein vielversprechendes Debüt von vier Freunden aus Kindheitstagen, die als Teenies Sound machten und 2019 wieder zusammenkamen. Wie es für die Post-Punks von heute gehört, dürfen motorisch-monotone Krautrock-Beats nicht fehlen. Und mit Charlie haben die Londoner einen bemerkenswerten Frontmann dabei. (7,5 von 10 Punkten)

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TV Priest - Press Gang [OFFICIAL VIDEO] | Bild: Sub Pop (via YouTube)

TV Priest - Press Gang [OFFICIAL VIDEO]

Die Regierung - Da

Unermüdlich. Unermüdlich. Unermüdlich. Tillman Rossmy schreibt lieber Songs, als Tagebuch zu führen. Wobei sein hoher Output in den letzten Jahren beinahe Tagebuch-Ausmasse angenommen hat: „Da“ ist das dritte Album seiner Band in vier Jahren. Die Regierung beschäftigt sich diesmal mit Dub – und dem Tod: höre „Wer Bin Ich (und wohin geh ich, wenn ich diesen Körper verlasse)“. Ansonsten die gewohnte, gut abgehangene Rumpel- Schnodder-Schubidu-Mische. Kaum zu glauben: 1982 kam das Debüt der Essener raus. Ob das Konzert zum Album am 11. März in der Münchner Glockenbachwerkstatt klappt? (7,5 von 10 Punkten)

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Die Regierung - Tiefe Tiefe Liebe (Lyric Video) | Bild: staatsakt label (via YouTube)

Die Regierung - Tiefe Tiefe Liebe (Lyric Video)

Mike Shannon - Cygnus Sutra

Nach zwölf Jahren das erste Solo-Werk des Kanadiers. Der Ambien-Dub-Noise-Platte wird eine Graphic Novel folgen. Ürsprünglich geplant als ein Soundtrack für eine noch nicht geschriebene Fantasy / Sci-Fi-Romans.
Manchmal kommt das Album auch jazzy daher, „cinematic exotica“, wie Shannon sagt. Geholfen hat Sophie Tucker vom kanadischen Indie-Kollektiv Godspeed You Black Emperor. In den Nullerjahren hat der nun in Berlin lebende DJ-Produzent bei Labels wie Force Inc oder Plus 8 veröffentlicht. Zum Titel: „Cygnus“ kann entweder Schwäne, das Sternbild Schwan oder das gleichnamige US-Raumschiff meinen. (7,5 von 10 Punkten)

FOO FIGHTERS – Medicine At Midnight

Nach 25 Jahren liefern die Foo Fighters ihre zehnte Platte ab: „Medicine At Midnight“ heisst das neue Werk von Dave Grohl & Co – im Jahr 30 nach „Nevermind“. Und will ihre Fans zum Tanzen bringen. „Freude und Liebe sind ansteckend“, wie sie im Interview mit dem Rolling Stone sagen. Grohl, der von Nirvana berufen wurde (als die Demos für „Nevermind“ schon fertig waren), ist ein Workaholic und schläft nach eigenem Bekunden nicht gerne: „Sobald ich aufwache, kann ich´s kaum erwarten, loszulegen“. So haben sie nun ein eigenes Studio gebaut – und waren vor einem Jahr mit dem Album fertig. Eine eineinhalbjährige Tour war durchgeplant – um das Viertel-jahrhundert der Band in aller Welt zu feiern. Die neue Platte lag also ein Jahr rum – nun muss das Teil, dass die Hörer* tatsächlich mit zT ungewohnten Grooves zum Tanzen bringen will, endlich raus: „mir macht ja schon das Wort 'tanzen' Angst – vor allem wenn ich es im selben Satz wie 'Foo Fighters' verwende“, so Grohl im RS-Interview. Die Fans dürften überrascht sein. Aber froh, dass Grohl seine eigene Formation weiter führt: schliesslich hatte er schon einmal das Angebot, bei Tom Pettys Heartbreakers einzusteigen. Und trommelte er ja auch für Queens of The Stone Age und hatte mit QOTSAs Josh Homme das Projekt Them Crooked Vultures und mit Lemmy Probot am Laufen. Keine Angst Foo Fans, Tanzen heisst hier nicht Dancefloor, sondern tanzbarer Hardrock à la Kiss. (7 von 10 Punkten)

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Foo Fighters - No Son of Mine (Audio) | Bild: Foo Fighters (via YouTube)

Foo Fighters - No Son of Mine (Audio)

 Florian T M Zeisig - Dad Is Painting Again

Der aus Bayern stammende, in Berlin lebende und bei Avantgarde-Elektroniker Carsten Nicolai in Dresden studierende Künstler, hat seinen Eltern diese Platte gewidmet. Die in Schwend/Oberpfalz offensichtlich an Schlafstörungen litten. Nun gibt es ein Gegenmittel vom Sohnemann: „Music For Parents“ - eine akustische Einschlafhilfe. Wie schreibt das US-Blog Pitchfork: „Florian T M Zeisig vom Berliner New Age-Duo Oca erforscht auf seinem neuen Solo-Werk die vibro-akustische Forschung und komponiert Ambient-Musik für Therapiematratzen, die ultratiefe Frequenzen direkt auf den Körper der Patienten übertragen.“ Kunst-Therapie-Musik aus der Eltern-Kind-Chillout-Gruppe. Und das klingende Geburtagsgeschenk zu Mamas 60. Geburtstag am 2.2. (7,0 von 10 Punkten)

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Florian T M Zeisig - Aspire | Bild: Pierre B (via YouTube)

Florian T M Zeisig - Aspire

            


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