Bayern 2 - Land und Leute


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Neuschwanstein Ein Schlossverwalter und seine Haferlschua

77 Jahre sind die Haferlschuhe alt, in deren Besitz Autor Ulrich Trebbin durch Zufall gekommen ist. Sie gehörten Walter Wilsdorff, einem Landschaftsarchitekten aus Hamburg, der von 1949 bis 1953 Schlossverwalter von Neuschwanstein war. Am 28. Oktober 1953 wurde er bei Waldarbeiten schwer verletzt und in der Nacht darauf starb er. Bei dem Unfall trug er die Haferlschuhe. Weil in der Familie niemand Interesse an dem Schuhwerk in Größe 43 hatte, schenkte Enkel Arne Wilsdorff dem Autor das Schuhwerk  - und als Dreingabe noch ein Stück Zeitgeschichte.

Author: Ulrich Trebbin

Published at: 11-6-2017 | Archiv

Die Haferlschuhe von Walter Wilsdorff stehen über 60 Jahre nach seinem Tod immer noch pfenningguat da... | Bild: BR/Ulrich Trebbin

Walter Wilsdorff war nach dem Krieg Schlossverwalter in Neuschwanstein. Als er Ende Oktober 1953 starb, war sein Sohn Uwe gerade mal 10 Jahre alt.

"Der hat an Schädelbruch gehabt und auch zerbrochene Füße. Ich bin da grad von der Schule (zum Schloss) raufgegangen als kleiner Bub, dann hab ich ihn da liegen gesehen. (...) Und sein Kopf war auf einem kleinen Kissen gebettet, das meine Mutter schon runtergebracht hatte, und das hat ja ewig gedauert, bis dann amal der Sanitätswagen gekommen ist. (…) Und in der Nacht vom 28. auf 29. Oktober ist er dann gestorben."

(Uwe Wilsdorff, Sohn von Walter Wilsdorff)

Anfang Mai 2017 haben Uwe Wilsdorff und sein Sohn Arne an der Unglücksstelle in Neuschwanstein ein Marterl zur Erinnerung an Vater und Großvater aufgestellt:

Walter Wilsdorffs Sehnsucht nach dem Meer war immer geblieben

Walter Wilsdorff

Weil es nach dem Krieg kaum Jobs gab, hatte der Münchner Schwiegervater dem jungen Hamburger Walter Wilsdorff die Stelle als Schlossverwalter in Neuschwanstein verschafft. Auch wenn er sich in Bayern - heute würde man sagen - integriert hatte, plagte ihn mitunter das Heimweh: An den Sonntagen zum Beispiel hörte er mit feuchten Augen im Radio das Hamburger Hafenkonzert. Seinem Sohn erzählte er dann von den Schiffen, die auf den Weltmeeren fuhren und imitierte ihre unterschiedlichen Hupsignale.

Viel besser als manches Schuhwerk von heute

Walter Wilsdorff mit seiner Frau Amanda Babette und Sohn Hannes (1953)

Ulrich Trebbin lässt Walter Wilsdorffs Haferlschuhe erzählen: von einem Hamburger, der in Bayern heimisch wurde, seiner Frau Amanda Babette, die bei der Studentenverbindung in Weihenstephan seine Couleurdame war, und vom Können eines Allgäuer Schuhmachers, denn die 77 Jahre alten Haferlschuhe aus bestem Leder sind heute noch tipp topp in Schuss, viel besser als manches Schuhwerk von heute. Außerdem knarzen sie wunderbar.

Der Schuhmacher Martin Mitterer zeigt, wie man Haferlschuhe macht


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