Bayern 2 - Land und Leute


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2) Liesl Karlstadt "Bayerische Charakterköpfe"

Anhand von Material aus dem Nachlass beleuchtet Monika Dimpfl die Kindheit und Jugend von Liesl Karlstadt bis zu den ersten Bühnenerfahrungen, ihre Entdeckung und ihre "Komiker-Lehre", die sie schnell zum "beliebten weiblichen Humoristen" machte.

Von: Monika Dimpfl

Stand: 07.08.2016 | Archiv

"O nimm mir diesen Stein vom Herzen, Bereite mir nicht so viel Kummer, Sorg' und Schmerzen (...)", heißt es in dem parodistischen Soubrettencouplet "Das Gretchen" von 1911. Autor war der damals schon etablierte Salonkomiker Karl Valentin, der aber noch solo auftrat, Interpretin eine - im Wortsinn: kleine - Anfängerin bei den Münchner Volkssängern, eine gewisse Liserl Wellano aus Schwabing, die zum Gaudium des Publikums beim Vortrag ihres Couplets einen Isarstein aus dem Busen zog und auf die Bühne warf.

Karl Valentins "Sancha Pansa"

Valentin hatte die leicht widerstrebende Achtzehnjährige fürs komische Fach entdeckt. Von ihm sollte sie auch bald ihren Künstlernamen bekommen, Liesl Karlstadt, und noch heute scheint es schwerzufallen, sie anders als "ein Stück von ihm" wahrzunehmen: eine kleine, rundliche Person mit frechen Augen und pfiffigem Bubengrinsen - Valentins Sancha Pansa quasi. Sie war ja auch spitzbübisch und hinreißend komisch, treffend und scheinbar gar nicht eitel in Hosenrollen, selten weiblich-attraktiv, doch immer sehr münchnerisch in der Verkörperung hiesiger Frauentypen.

Sie hatte eine besondere Begabung für Hosenrollen

Karl Valentin und Liesl Karlstadt in einem Sketch aus dem Jahr 1926

Traditionell waren die komischen Volkssänger-Roben ja für Männer bestimmt; es war sogar üblich, dass Männer in Frauenrollen auftraten, was Valentin etwa in den Masken des "Damenimitators", der "Barfußtänzerin" oder auch der "Lorelei" grotesk auf die Spitze trieb. Liesl Karlstadt schuf bekanntlich gerade in Umkehrung dieser Volkssänger-Tradition ihre Meisterleistungen. Mit Rasanz, jugendlicher Spielwut und - wie sich am Erfolg sofort zeigte - ihrer ganz besonderen Begabung für Hosenrollen erarbeitete sie sich zunächst eine Reihe kleiner Solo-Auftritte, für die Valentin die Couplets entweder schon geschrieben hatte oder die er neu, und extra für sie verfasste. Berühmt wurde ihr "chinesischer Komiker". Kaum weniger Erfolg hatte sie, wenn sie als "Vorstadttype, Hut in das Gesicht hereingesetzt, Hände im Hosensack, Hose hinaufgestülpt", gekonnt mit den Fingern pfiff, den Stenz markierte und das Couplet vom "Vorstadtkind" zum Besten gab:

"Da liabste Dog der ganzn Woch, is mia da Donnasdog,
do gfrei a me de ganze Woch, weil i do Ausgang hob,
an Flins hob i im Hosnsog, zehn Markal im Papier,
da kann man was riskieren, ein Mädchen auszuführen
weil i de Krampf gern mag.
Do harpf ich zu der Geliebten, wei mia hoad sowas meng
sie wohnat in Hoadhausn am Wertplatz Nr. 10,
ein Pfiff ... der genüged, s' Mädchen kummt herab,
dann geht’s hinauf ins Isardoi im Trab. ..."

(Liesl Karlstadt, 'Der Pflastererlehrling')

Buchtipps:

Immer veränderlich - Liesl Karlstadt (1892-1960)
von Monika Dimpfl
1996, A1-Verlag

Liesl Karlstadt
von Gunna Wendt
2000, Piper-Verlag


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