Bayern 2 - Land und Leute


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Alfred Kubin und Emmy Haesele Schimmelhengst und Schimmelstute

Ali, der Schimmelhengst, und Fatme, die Schimmelstute: diese beiden Pferde hat der Künstler Alfred Kubin auf dem Papier zu Symbolfiguren der Liebe zwischen ihm und der jungen Zeichnerin Emmy Haesele gemacht. Eine große Liebe, die gescheitert ist, wie Joseph Berlinger erzählt ...

Von: Joseph Berlinger

Stand: 26.02.2017 | Archiv

Der Zeichner Alfred Kubin in seinem Haus in Zwickledt bei Schärding (1951) | Bild: picture-alliance /IMAGNO/Franz Hubmann

Es begann alles so euphorisch ...

"Jetzt macht er die Tür auf. Ohne sich zu zeigen. Weder er noch seine Haushälterin weiß, dass sie, die heimliche Beobachterin, seit Stunden um sein Haus schleicht. Die Beobachterin wiederum weiß, dass sie hier nicht willkommen ist. Dass er seine Haushälterin angehalten hat, sie nicht hereinzulassen. Sie fragt sich: kann eine so große Liebe so mickrig enden? Sie schämt sich für ihr hündisches Verhalten. Sie kämpft mit der Versuchung, sich auf der Türschwelle seines Hauses nieder zu legen. Zum 'ewigen Schlaf'. - Dabei begann alles so euphorisch ..."

Emmy bewundert und glorifiziert Kubin

"Leda und der Schwan", Tuschezeichnung von Alfred Kubin

Als sich die junge surrealistische Zeichnerin Emmy Haesele und der große Meister des Fachs, Alfred Kubin, der „Magier von Zwickledt”, zu Anfang der 1930er Jahre kennen lernen, ist es um sie geschehen. Sie glauben, sich gefunden zu haben und füreinander bestimmt zu sein. Dabei sind beide verheiratet. Doch die Festigkeit dieser Ehen gerät zunehmend in Gefahr, je heftiger die erotische Anziehung zwischen Emmy Haesele und Alfred Kubin wird. Eine Vielzahl von Briefen wird geschrieben, Besuche werden geplant, Strategien entwickelt. Eine Zeit lang scheint es zu „funktionieren”: Wenn Emmy Haesele bei Kubin zu Gast ist, räumt Kubins Frau Hedwig das Feld und zieht vorübergehend aus. Unterkunft findet sie nicht zuletzt bei Haeseles Ehemann, einem Arzt. Während dieser für die Leidenschaft seiner Frau Verständnis hat und ihrer Beziehung mit dem berühmten Kubin nicht im Weg stehen will, kämpft Kubins Frau energisch und fanatisch um ihre Ehe. Sie leidet unter der Untreue ihres Mannes und kann es auch nicht akzeptieren, wenn dieser sein Zusammensein mit Emmy Haesele auf kurze Böhmerwaldreisen beschränkt.

Rückkehr zur Ehefrau - mit Stalker-Nachspiel

Schließlich stellt Hedwig Kubin ihrem Mann ein Ultimatum: Er soll sich für eine der beiden Frauen entscheiden. Er wählt die Ehefrau. Mit den nächtlichen Treffen von Ali, dem Schimmelhengst, und Fatma, der Schimmelstute, scheint es endgültig vorbei zu sein. Joseph Berlinger schildert ein bürgerliches „Liebesexperiment“ - mit einem Stalker-Nachspiel.

Emmy Haeseles künstlerische Emanzipation

Als sich Emmy Haesele 1936 von Kubin trennen musste, begann sie wie fieberhaft zu zeichnen. So wuchs ein Werk heran, das erst Ende des 20. Jahrhunderts anerkannt wurde. Das ist ein Verdienst der Kunstexpertin Barbara Wally, die das Leben und Werk Emmy Haeseles dokumentiert hat. Sie hat herausgearbeitet, dass Emmy Haesele als Künstlerin sich bereits Ende der 40er Jahre vom Vorbild Kubin gelöst hat. 1987 ist Emmy Haesele, im Alter von 93 Jahren, gestorben. Ihr künstlerischer Nachlassverwalter Ferdinand Altnöder präsentiert ihre Werke regelmäßig in seiner Salzburger Galerie. Seit 2009 liegt auch ein Roman vor, von Brita Steinwendtner: „Du Engel Du Teufel. Emmy Haesele und Alfred Kubin. Eine Liebesgeschichte“ ...

Buchtipp: "Du Engel Du Teufel. Emmy Haesele und Alfred Kubin"

"Du Engel Du Teufel", Haymon Verlag (2009)

  • Autorin: Brita Steinwendtner
  • Gebundene Ausgabe: 191 Seiten
  • Verlag: Haymon Verlag; Auflage: 1 (2009)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3852185866
  • ISBN-13: 978-3852185866

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