Konrad Dreher Ein bayerischer Schauspieler in den USA
Als "Royal Bavarian Court Actor", als "Königlich-Bayerischen Hofschauspieler" titulierten amerikanische Zeitungen Konrad Dreher, den Gründer des Schlierseer Bauerntheaters. 1895 schickte Dreher seine "lodenröckige und wadlstrümpfige" Truppe auf Tournee in die USA. - Justina Schreiber schildert die Erfolge, die die Schlierseer vor allem bei Emigranten im "German Triangle" zwischen Cincinatti, Milwaukee und St. Louis feierten.

"Man kann sich nicht satt hören an diesen Naturlauten, nicht satt sehen an den derbherzigen und doch so runden Bewegungen", schrieb das Wiener Tagblatt nach einem Auftritt des Schlierseer Bauerntheaters. Das Erfolgsgeheimnis der Truppe, die der Münchner Schauspieler Konrad Dreher 1892 gegründet hatte, war ihre Authentizität. Die ehemaligen Metzger, Schreiner, Gastwirte, Näherinnen und Stubenmädchen spielten nicht, sie lebten gewissermaßen auf der Bühne. Mit Stücken wie "Der Herrgottschnitzer von Ammergau" oder "Die Zuwiderwurzen" trugen sie ihre unterhaltsame Kunde von den angeblich "unverfälschten" Sitten und Gebräuchen des oberbayerischen Gebirgsvolkes 1895/96 bis in die USA.
"Disciplinar-Satzungen für die Mitglieder des Bauerntheaters in Schliersee.
§ 24. Die Mitglieder des Schliersee’r Bauerntheaters müssen auch im gewöhnlichen Leben ihre Volkstracht beibehalten, dürfen nur in Ausnahmsfällen in städtischer Kleidung erscheinen."
(Konrad Dreher)
Gutes Management
Es war ein kluger Schachzug des Theatereigentümers Konrad Dreher, die Truppe 1895, drei Jahre nach ihrer Gründung, gleich auf Amerika-Tournee zu schicken. Der Prestigegewinn erwies sich als enorm. Denn auch wenn die Mitglieder nicht besonders gut über den Ablauf informiert zu sein schienen, vor Ort kümmerte sich der Deutschamerikaner Gustav Amberg routiniert um das Management. Er hatte fünf Jahre zuvor bereits die "Münchner", eine Volksschauspielertruppe des Gärtnerplatztheaters, betreut und wusste, wie und wo Bayern in Übersee gut zu vermarkten waren.
"Es wurde jeden Tag, so oft sie konnten, Reklame gegangen, das heißt, die ganze Truppe in Tracht ist irgendwo spazieren gegangen und haben dann versucht, die Leute drauf hinzuweisen, dass sie ein Theater haben. Sie wurden doch bewundert, die Tracht war ja auch schön, auch wenn die Frauen nicht so schön waren, wenn sie in der Tracht steckten, dann sahen sie gut aus. Ich mein, so 'ne Lederhose an sich ist ja eigentlich nichts Schönes, wenn man so was noch nie vorher gesehen hat, denkt man sich, um Gottes willen, wie kommen denn die daher, während der Bayer halt stolz war auf seine Lederhosen."
(Anneliese Ammann, Autorin)
Die Yankees liebten diesen urigen europäischen Alpenbewohner
Wenn auf den Brettern, die die Welt bedeuten, Holz gehackt, geschuhplattelt oder gefensterlt wurde, hielt sich der geistige Vater des weiß-blauen Spektakels im Hintergrund. Konrad Dreher wählte zwar die Schauspieler aus, richtete Stücke für die Bühne ein und führte Regie. Aber er glänzte auch vor amerikanischem Publikum lieber mit den Haupt- und Paraderollen, die er sich auf den Leib geschrieben hatte. So reiste der Charakterdarsteller 1909 und 1912 durch die USA und gab als bayerischer Komiker umjubelte Solo-Vorstellungen. Dass man ihn verstand, ohne des Dialektes mächtig zu sein, spricht für sein Talent als Schauspieler. Vielleicht aber freuten sich die Yankees auch einfach nur darüber, den Ureinwohner einer europäischen Alpenregion so leibhaftig in Augenschein nehmen zu können.
Literatur:
Schliersee und sein Bauerntheater
- Autorin: Anneliese C. Ammann
- Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
- Verlag: Bayerland (1992)
- ISBN-10: 389251142X
- ISBN-13: 978-3892511427