Bayern 2 - Land und Leute


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Widerstand gegen Hitler Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg

In der Nacht vom 23. auf den 24. April 1945 verlassen drei Gefangene das Zellengefängnis Lehrter Straße im Stadtteil Moabit. Ein Gestapo-Kommando führt die Männer auf ein Ruinengrundstück in der Nähe und erschießt sie dort. Wenige Tage, bevor sich Hitler selbst umbringt, lässt sein Regime noch viele seiner Gegner liquidieren. So auch in dieser Nacht Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg: bayerischer Monarchist, Publizist und Mitglied des konservativen Widerstandes gegen die Nazi-Diktatur. Wer war Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg? Woher kam er und was trieb ihn an?

Von: Friedemann Beyer

Stand: 20.11.2016 | Archiv

Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg, der Onkel des Dirigenten Enoch zu Guttenberg und Großonkel von Verteidigungsminister a.D. Karl-Theodor zu Guttenberg, gehörte zu den führenden Köpfen des zivilen Widerstands gegen Hitler. 1902 in Würzburg geboren, begegnete er als Student in München erstmals Adolf Hitler, dessen Ideen er zunächst skeptisch, wenn auch nicht völlig ablehnend gegenüberstand. Seine anfangs abwartende Haltung wich im Laufe der Jahre offener Ablehnung.

Die Salzburg wurde zum Familiensitz

Die Salzburg bei Bad Neustadt an der Saale

Vor seiner Heirat mit Therese Benedikta Prinzessin zu Schwarzenberg (1929), hatte Karl Ludwig von und zu Guttenberg die Salzburg im unterfränkischen Bad Neustadt an der Saale aus dem Familienbesitz herausgekauft, eine ehemalige Kaiserpfalz aus dem 12. Jahrhundert. Mit rund 10.000 Quadratmetern Grundfläche und einer 450 Meter langen Mauer ist sie eine der größten Burganlagen Deutschlands. Als Guttenberg die Salzburg übernahm, war sie weitgehend eine Ruine. Nach und nach setzte er zwei der zerfallenen Gebäude wieder instand, modernisierte sie behutsam und machte die Burg Anfang der 1930er Jahre mit seiner Frau und zwei kleinen Töchtern zum Zuhause für die Familie.

(v.l.) Thomas de Maizière, Maria-Theodora Freifrau von dem Bottlenberg-Landsberg und Robert von Steinau-Steinrück bei einer Kranzniederlegung

"Zum Teil war's natürlich herrlich, aber auf der anderen Seite war's oft sehr einsam, weil natürlich keine Kinder gekommen sind, uns zu besuchen und die Eltern das auch nicht so gefördert haben. Ich hab‘ ihn eigentlich immer lachend in Erinnerung. Wenn er da war, war’s schön zu Hause. Mit ihm war immer irgendwas los. Das Leben hat mit ihm einfach Spaß gemacht. (...) Mein Vater war ein Romantiker! Das bestimmte auch vieles von seinen Gedanken. Er war irgendwo von diesen ganzen mittelalterlichen Vorstellungen geprägt, dass der Adel eben Aufgaben hat, dass der Adel die Kirche verteidigen muss. Dass der Adel schon was Besonderes ist. Aber nicht im Sinne von Privilegien, sondern im Sinne von Aufgaben und Verantwortung."

(Maria von dem Bottlenberg-Landsberg, älteste Tochter Karl Ludwigs)

Hinrichtung kurz vor Kriegsende

Admiral Wilhelm Canaris, war seit 1938 in Verbindung zur Widerstandsbewegung gegen Hitler

Später kam Guttenberg über die Redaktionsarbeit an der konservativen Monatszeitschrift „Weiße Blätter“, die er mit herausgab, in Kontakt mit Regime-Gegnern des späteren ‘Kreisauer Kreises‘: Helmuth James Graf von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg. Ebenso lernte er Generaloberst Beck kennen, einen der späteren Hauptverschwörer gegen Hitler. 1941 wurde er Mitarbeiter und Vertrauter von Admiral Canaris, dem Chef der militärischen Abwehr, zugleich Sympathisant des konservativen Widerstands. 1943 geriet er ins Visier der Gestapo und wurde nach Agram (heute: Zagreb) versetzt. Dort unterstützte er Aktionen zur Rettung von Juden, Sinti und Roma. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Guttenberg verhaftet, nach Berlin gebracht und ohne Gerichtsverfahren am 23. April 1945, zwei Wochen vor Kriegsende, hingerichtet.

Prof. Johannes Tuchel

"Wenn Sie so wollen, war Guttenbergs große Fähigkeit, Menschen in der Konspiration zusammen zu bringen, Vertrauen zu schaffen und innerhalb dieser durch und durch nationalsozialistisch verseuchten Gesellschaft erst einmal die Grundlagen dafür zu schaffen, dass sich in dieser Verschwörung Kreise bilden konnten. Und er hat nicht einen Moment gezögert, sich in all diesen Jahren für einen neuen Staat einzusetzen, für einen Staat, in dem Menschenrechte wieder Geltung haben, und in dem eben nicht der Nationalsozialismus an der Herrschaft sein würde."

(Prof. Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand)

Was waren die Motive des Freiherrn?

In seiner Sendung zeichnet Friedemann Beyer die wichtigsten biografischen Stationen Guttenbergs nach: sein familiäres Umfeld, seine Verbündeten und Gegner. Schließlich fragt er nach den Motiven des Freiherrn, sich Hitler und dem Nationalsozialismus kompromisslos zu widersetzen. Es entsteht das Porträt eines standhaften Moralisten, der couragiert Stellung bezog gegen ein verbrecherisches System und dafür sein Leben verlor.

Buchtipps:

Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg: Ein Lebensbild

  • Autorin: Maria von dem Bottlenberg-Landsberg (Vorwort: Prof. Johannes Tuchel und Peter Steinbach)
  • Gebundene Ausgabe: 296 Seiten
  • Verlag: Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte; Auflage: 2 (1. März 2003)
  • ISBN-10: 3931836940
  • ISBN-13: 978-3931836948


Die Weißen Blätter: Eine konservative Zeitschrift im und gegen den Nationalsozialismus
(Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand)

  • Autorin: Maria von dem Bottlenberg-Landsberg
  • Gebundene Ausgabe: 348 Seiten
  • Verlag: Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte; Auflage: 1 (1. März 2012)
  • ISBN-10: 3867321027
  • ISBN-13: 978-3867321020

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