Bayern 2 - Land und Leute


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Ein genialer Pleitier Der Turmuhrenfabrikant Johann Mannhardt

Johann Mannhardt, 1798 am Tegernsee geboren und aufgewachsen, hat die Turmuhr revolutioniert. Seine Uhren gingen um vieles genauer als alle anderen, wurden in die ganze Welt exportiert. Mannhardt war ein Universalgenie und ein großer Erfinder. Trotzdem machte er 1865 mit seiner Firma bankrott.

Von: Ulrich Trebbin

Stand: 16.02.2014 | Archiv

Mann stellt Turmuhr ein | Bild: picture-alliance/dpa

Präzise mechanische Zeitmessung seit über 130 Jahren

Dreiviertel drei schlägt es vom Turm der Dorfkirche in Kirchhaslach im Unterallgäu. Hinter den Glocken steckt ein Uhrwerk des königlich-bayerischen Turmuhrmachers Johann Mannhardt. Seit über 130 Jahren schlägt es die Viertel- und die vollen Stunden und zeigt auf den Zifferblättern nach vier Seiten hin die Uhrzeit an. Jeden Tag steigt ein Freiwilliger des Dorfes hinauf in das zweite Turmgeschoss, um das gute alte Stück aufzuziehen, das heißt: die an Seilen hängenden vier Gewichte nach oben zu hieven. Wolfgang Vogt vom Schwäbischen Turmuhrenmuseum in Mindelheim weiß, dass dies eine der ganz wenigen Uhren von Johann Mannhardt ist, die heute noch auf bayerischen Kirchtürmen die Zeit anzeigen. Denn die allermeisten Turmuhren sind in den vergangenen Jahrzehnten auf  Elektromotoren und Funkbetrieb umgestellt worden. Mechanische Uhren hatten ausgedient und sind meist ins Museum gewandert oder gleich auf den Müll.

Mannhardt exportierte seine großformatigen Uhrwerke in alle Welt

Johann Mannhardt (1798-1878)

Johann Mannhardt soll insgesamt 1200 Türme öffentlicher Gebäude mit Uhren ausgestattet haben - darunter die Münchner Frauenkirche, das Berliner Rathaus und der Kölner Dom. Seine Präzisionsuhrwerke im Großformat exportierte er in alle Welt. Überdies erdachte das mechanische Universalgenie eine Vielzahl innovativer Maschinen und Apparate: von der Strickmaschine über das mechanische Kinderreitpferd bis hin zum Fallbeil. Kein Wunder, dass Johann Mannhardt für seine Erfindungen mit vielen Preisen und Medaillen ausgezeichnet wurde - etwa auf den Weltausstellungen in Königsberg und Paris. Dennoch ging er 1865 bankrott. Fürs Geschäftliche nämlich hatte er kein Talent, zumal er mehr an den technischen Fortschritt dachte als an seinen Profit. Funktionsfähige Exemplare aus seiner Werkstatt kann man heute im Bayerischen Nationalmuseum und im Deutschen Museum besichtigen.

Eine für das ganze Land einheitliche und verbindliche Zeit

Türme der Münchner Frauenkirche

Bevor Johann Mannhardt anfing, sich mit Turmuhren zu beschäftigen, herrschte überall in Deutschland eine andere Zeit, und es war normal, dass eine Kirchturmuhr nur so ungefähr angab, wie spät es war. Für Verabredungen innerhalb eines Dorfes oder einer Stadt genügte das ja auch. Die zuverlässigste Turmuhr einer Stadt wurde zur Normaluhr erklärt und alle anderen danach gestellt. Wen störten da ein paar Minuten hin oder her! Doch Mannhardts Zeit war die der Industrialisierung! Die Menschen reisten jetzt mit der Eisenbahn von einer Stadt in die andere! Also wurde es notwendig, dass eine für das ganze Land einheitliche und verbindliche Zeit herrschte. Dass das möglich wurde, daran hat Johann Mannhardt einen bedeutenden Anteil: Er gilt als einer der genialsten und kreativsten Turmuhrmacher seiner Zeit, und ihm ist es gelungen, Uhren zu bauen, die in Bayern so pünktlich und zuverlässig die Zeit anzeigten wie keine zuvor. Am Ende seines Lebens schlugen sie in der Münchner Frauenkirche, im Kölner Dom oder am Berliner Rathaus, zeigten die Stunden im Vatikan an und in Venedig und verkauften sich sogar bis nach Russland, Mexiko, Valparaiso oder Kapstadt. Mehr als 1200 Uhren hat Johann Mannhardt in über 20 Länder geliefert.


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