Bayern 2 - Land und Leute


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Lieber guter Onkel Hitler Das blonde Mädel Bernile Nienau

Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann machte ein gutes Geschäft mit den Bildern, die den Diktator so menschlich und privat mit einem Kind zeigten, das dem "lieben guten Onkel Hitler" begeisterte Briefe schrieb. Bis sich herausstellte, dass das blonde Mädel Bernile Nienau aus einer jüdischen Familie stammte. - Justina Schreiber erzählt Bernile Nienaus Geschichte.

Von: Justina Schreiber

Stand: 27.10.2013 | Archiv

Adolf Hitler mit kleinem Mädchen und Eva Braun | Bild: picture-alliance/dpa

Im Strom der "Wallfahrer", die zu seinem oberbayerischen Feriendomizil am Obersalzberg pilgerten, fiel Adolf Hitler 1933 ein blondes Mädchen mit langen Zöpfen auf: die sieben Jahre alte Bernile Nienau. Als sich herausstellte, dass das Kind am gleichen Tag wie er Geburtstag hatte, lud er es auf den Berghof ein. Fünf Jahre währte die "Freundschaft" zwischen dem Führer und dem Münchner Mädel, obwohl Bernile Vierteljüdin war - wie Hitler "Dank" eines Denunzianten schnell erfuhr.

"München den 27. September 36. Lieber Onkel Brückner! Heute hab ich Dir viel zu erzählen. In den Ferien waren wir auf dem Obersalzberg und ich durfte zweimal zum lieben Onkel Hitler! Du warst leider nie oben. (…) Ich arbeite jetzt schon an den Weihnachtsarbeiten. (…) Onkel Hitler stricke ich wieder paar Socken, denn ich frug ihn ob sie ihm letztes Jahr passten. Er hat ja gesagt! Dieses Jahr kann ich schon mit feinerer Wolle stricken, nur die Ferse hilft mir Mutti. Sie werden ganz warm; und wo er doch immer so viel unterwegs ist, soll er doch nicht an den Füßen kalt haben."

(Bernile Nienau)

Bernile diente der Publicity

Aber Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann machte ein viel zu gutes Geschäft mit den Bildern, die den Diktator so menschlich und privat mit einem Kinde zeigten. Bernile diente der Publicity. Der Führer ließ die Briefe und Karten des Mädchens, die es ganz offensichtlich mit Hilfe der Mutter verfasste, durch seinen Adjutanten freundlich beantworten. Berniles Mutter wiederum nutzte die Sonderstellung der Tochter für ihren Kampf um eine Witwenrente. Erst 1938 stoppte der Chef der Führerkanzlei den für alle Seiten gewinnträchtigen Kontakt. - Das blonde Mädel starb am 5. Oktober 1943 im Krankenhaus München-Schwabing an spinaler Kinderlähmung.

Auf dem Münchner Westfriedhof fand Bernile ihre letzte Ruhe

Das Grab der Familie Nienau auf dem Münchner Westfriedhof

Berniles Mutter, die Halbjüdin Karoline Nienau, überlebte das Dritte Reich offensichtlich körperlich unbeschadet. Bis 1961 wohnte sie in ihrem Haus an der Laimer Straße 31. Dann übersiedelte sie in ein Altersheim bei Dachau. Die Grabstätte der Familie befindet sich auf dem Münchner Westfriedhof. Hier ruht auch Berniles jüdische Großmutter Ida Helwig, geborene Morgenstern. Dass sie dem Holocaust entging, verdankte sie wohl ihrer blonden Enkelin. Berni jedoch starb mit 17 Jahren im Schwabinger Krankenhaus.


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