Bayern 2 - Land und Leute


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Hilfe für die Armen Die Schwestern vom Herz-Jesu-Kloster

65 bis 130 Menschen kommen täglich an die Pforte des Herz-Jesu-Klosters in der Münchner Buttermelcher Straße 10. Die Ordensfrauen verteilen in dieser Zeit Brote an die Bedürftigen. - Heidi Wolf hat die wohltätigen Schwestern bei ihrer vielfältigen Arbeit beobachtet.

Von: Heidi Wolf

Stand: 24.12.2015 | Archiv

Jeden Vormittag -  Samstag ausgenommen - wartet vor dem Herz-Jesu-Kloster in der Buttermelcher-Straße 10 im Münchner Gärtnerplatzviertel eine Menschenschlange auf die Brotausgabe.

Die Gaben finden reißenden Absatz

Schwester Elisabeth Zametzer bringt Brot von der Bäckerei Rischart

Brot und Semmeln holt Schwester Elisabeth Zametzer in Kunststoffboxen auf Rollbrettern aus der benachbarten Bäckerei Rischart, die übrig gebliebene Backwaren nicht wegwirft, sondern sie dem Orden der Niederbronner Schwestern schenkt. Die ganze Gemeinschaft hilft zusammen: Die Ordensfrauen bestreichen und belegen die Brote mit Butter, Wurst und Käse, stecken jedes einzelne Sandwich in eine Papiertüte. Die Gaben finden reißenden Absatz. Je nach Jahreszeit kommen täglich 65 bis 130 bedürftige Männer und Frauen. "Wir versuchen, mit ihnen soweit wie möglich ins Gespräch zu kommen, um zu erfahren, wie wir ihnen über die Brotausgabe hinaus helfen können", erzählt die 71jährige Oberin Schwester Lucella Maria Werkstetter, die sich - ebenso wie ihre Mitschwestern - in der Flüchtlingshilfe engagiert. 

Schwester Lucellas Brief an 12 CSU-Abgeordnete

Oberin Schwester Lucella Maria Werkstetter

"Ich habe ausgedrückt, was später die Ordensoberen ausgedrückt haben, dass ich mich von christlich-sozialen Politikern nicht vertreten fühle in der Handlungsweise, wie man mit Flüchtlingen umgeht. Ich habe auch die Frage gestellt: Haben Sie schon jemals einem Flüchtling in die Augen geschaut? Haben Sie schon jemals in einer vergleichbaren Situation gelebt, wie man sie in den Ländern, aus denen sie kommen, erfährt, - haben Sie Erfahrungen gemacht in dieser Art? Weil mir kam das vor, als würden Sie über Möbelstücke sprechen und nicht über Menschen.

Ich selber war im Ausland und weiß, wie es einem geht, wenn man als Ausländerin in einen Kontext kommt, den man nicht kennt, wenn man nicht weiß, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat, was von einem zu Recht erwartet wird oder wo man vielleicht jemanden beleidigt oder so. Ich weiß aus der eigenen Erfahrung, wie es ist, wenn man fremd ist und wie gut es tut, wenn jemand da ist, der aufmerksam macht, der hinweist, der Raum gibt, dass wir von unserer Kultur, von unseren Erfahrungen sprechen können, von unseren Bräuchen auch, jemand, der Geduld hat, wenn wir uns sprachlich nicht so ausdrücken können, weil, wenn man spürt, der andere hat keine Geduld oder keine Zeit, da ist man blockiert, da kann man gar nicht, kann man sich nicht äußern, kann man sich nicht einbringen."

Mädchenwohnheim für Berufsschülerinnen

Im Kloster leben derzeit 13 Nonnen in Alter von 33 bis 88 Jahren, darunter eine Vietnamesin und zwei Inderinnen. Mitarbeiterinnen in der Küche und mehrere Reinigungsfrauen haben einen Migrationshintergrund - gelebte Integration. Im Wohnheim bietet der Orden jungen Frauen im Alter von 16 bis 23 Jahren eine Wohnmöglichkeit mitten in München. Voraussetzung ist, dass sie sich in der Schul- und Berufsausbildung befinden oder im Rahmen der Ausbildung den Blockunterricht in München besuchen.

Kindergarten, Hort und eine Kirche aus Stahlbeton

Das "Haus für Kinder" besteht aus einer Krippe, einem Kindergarten und einem Grundschulhort. In allen Einrichtungen arbeiten vor allem weltliche Kräfte. Und dann gibt es noch eine bemerkenswerte Kirche: die erste Kirche in München, vollständig aus Stahlbeton gebaut - noch heute Anschauungsobjekt für Architekturstudenten. Sie wurde Anfang der 50er Jahre neu errichtet - als erste Kirche in ganz München, die vollständig aus Stahlbeton gebaut wurde. Der Architekt Alexander Freiherr von Branca und die damalige Provinzoberin hatten große Schwierigkeiten, ein solches Bauwerk an diesem Standort genehmigt zu bekommen, aber es gelang ihnen: 1955 weihte Kardinal Josef Wendel das Gotteshaus mit den teilweise unverputzten Wänden und der klaren Struktur ein.


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