Bayern 2 - Land und Leute


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Bayerische Traumpaare Berg und Tal

Hier eine raue Natur, die eher gefährlich als romantisch erscheint, dort geschäftiges Treiben, hier Einsamkeit und Herausforderung, dort Geselligkeit und technischer Fortschritt. Das Leben der Menschen am Berg unterscheidet sich deutlich von dem der Menschen im Tal. Eine andere Zeit, ein anderes Raumgefühl herrscht da oben, und manchmal fällt es schwer, sich drunten wieder einzufügen in die "gewöhnlichen" Rhythmen des Tals.

Von: Markus Metz und Georg Seeßlen

Stand: 05.06.2017 | Archiv

Teil des Kunstprojektes "Öffne die Tür für eine andere Welt": Porta Alpinae am Zeigersattel beim Nebelhorn im Allgäu | Bild: picture alliance/blickwinkel/W. G. Allgoewer

"Ein Berg ist eine Geländeform, die sich über die Umgebung erhebt. Ein Berg ist höher und steiler als ein Hügel. Ein Berg ist eigenständig, so dass ein Berg von einem anderen Berg einen genügend großen Abstand hat. Diesen Abstand zwischen einem Berg und einem anderen Berg nennt man das Tal."

(Markus Metz / Georg Seeßlen)

Unberührte Natur contra Turbotourismus

Die Aussichtsplattform auf der Zugspitze mit Besuchern

In Bayern sind heute wohl gleich zwei Beziehungen zwischen Berg und Tal nebeneinander zu beobachten: eine alte in jenen Landstrichen, die vom hoch technisierten Tourismus verschont geblieben sind, und eine neue, in der die natürlichen Gegensätze zwischen Berg und Tal durch Straßen, Seilbahnen, Lifte und Pisten aufgehoben sind und droben nicht mehr Bergbewohner, sondern Saisonarbeiter, Freizeitalpinisten und Gastronomen das Bild bestimmen.

Sehnsucht nach den alten Mythen

Wilderer im Bergwald

Die Beziehung zwischen Berg und Tal war einst eine komplizierte, facettenreiche Kultur, festgehalten in Liedern, Romanen und Bildern – eine wirtschaftliche, eine technische, aber eben immer auch eine mythische Beziehung. Auch wenn der Berg so viel von seiner Unnahbarkeit und das Tal noch mehr von seinem idyllischen Frieden verloren hat – ganz verloren ist die wechselseitige Sehnsucht selbst im Zeitalter des Turbotourismus nicht. Es ist ein sehr bayrischer Zweiklang vom dramatischen Berg, auf dem alles geschehen kann – das Heroische, das Sinnliche und sogar das Kriminelle – und dem Tal, in dem alles seine Ordnung, seine Sitte und seine Ruhe findet. Dieser Zweiklang hat sich in der Geschichte immer wieder verändert und wird sich weiter ändern. Zwischen der touristischen Modernisierung hier und der Rückständigkeit dort kommen mittlerweile auch neue Konzepte zum Vorschein. Und am Ende - so Markus Metz und Georg Seeßlen - mag aus Berg und Tal in Bayern sogar noch ein ökologisches Traumpaar werden.

Hassliebesgeschichte zwischen Berg und Tal

Feldherr Hannibal bei der Überquerung der Alpen

"Zwischen Berg und Tal besteht in Bayern eine Hassliebesgeschichte. Schon immer war man aufeinander angewiesen, schon immer hat man sich gegenseitig beneidet, schon immer hat man sich gegenseitig verachtet, und schon immer ist die Geschichte in den Tälern anders verlaufen als in den Bergen. Schon vor dem Mittelalter war die Überquerung der Alpen immer zugleich ökonomisch und militärisch bedingt. Große mythische Bilder sind uns davon geblieben: Hannibal und seine Elefanten, die die gewaltigen Berge überwinden. Die befestigten Römerstraßen mitsamt ihren Legionären. Die Handelswege nach Italien mit den vielen Gefahren, wo man das Gewürz, das feine Tuch und andere Luxusgegenstände für Fürsten und reiche Bürger förmlich noch riechen mag. Der Aufstand der Tiroler Bauern unter Andreas Hofer gegen die napoleonischen Besatzer und ihre bayerischen Hilfstruppen. Aus solchen Legenden entstand eine zweite alpenländische Mythologie."


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