Bayern 2 - Land und Leute


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Die Fincks Bayerische Großfinanz im Wandel der Zeit

Wilhelm von Finck und August von Finck: Vater und Sohn, beide gleichermaßen erfolgreiche und enorm reiche Bankiers - und dennoch Repräsentanten unterschiedlicher Welten und Werte. - Marita Krauss wagt sich in die Welt der bayerischen Großfinanz zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik.

Von: Marita Krauss

Stand: 14.06.2015 | Archiv

Gebäudefront einer Filliale des Bankhauses Merck Finck & CO | Bild: mauritius-images

Sie gehören zu den reichsten Familien der Welt: Die Erben des Wilhelm von Finck (1848-1924). Finck begann in München mit dem Privatbankhaus Merck, Finck und Co. Als Vertrauter des großen Industriellen Theodor von Cramer-Klett verwaltete er nach dessen Tod das riesige Vermögen für den kleinen Sohn, er war Mitbegründer der "Münchner Rückversicherung" (heute "Munich Re") sowie der "Allianz". Schon früh erkannte er die Wasserkraft als „weiße Kohle“ für das rohstoffarme Bayern, gründete die Isarwerke, später die Alzwerke zur Stickstoffproduktion. Er erwarb umfänglichsten Grundbesitz im Münchner Osten. Der wie besessen arbeitende und asketisch lebende Multi-Unternehmer wurde Kommerzienrat und erhielt den erblichen Adel. Als er starb, hinterließ er ein Finanzimperium.

Der Gründer Wilhelm von Finck

Wilhelm von Finck (1848-1924)

Die Geschichte dieser Dynastie des Geldadels ist eng verbunden mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Bayerns nach der Reichsgründung, für den sich der zähe, asketische und innovative Gründer Wilhelm Finck mit all seiner Kraft einsetzte.

Finck baute bemerkenswert geschickt seit 1870 die Privatbank Merck, Finck & Co. in München auf, er war erfolgreich in „klassischen“ Wirtschaftszweigen des 19. Jahrhunderts wie dem Eisenbahnbau, dem Brauereiwesen und dem Hypothekengeschäft, rief aber auch höchst innovative Unternehmen ins Leben, denen er als Aufsichtsratsvorsitzender diente: so die bald weltweit operierende „Münchner Rückversicherung“ und den „Allianz“-Konzern. Er stand für Modernisierung und Technisierung, für die Nutzung der Wasserkraft und die Propagierung des Dieselmotors. In Anerkennung seiner Dienste wurde er Reichsrat der Krone Bayerns und 1909 in den erblichen Adelsstand erhoben.

Der Sohn August von Finck

Adolf Hitler (l.) und der Bankier August von Finck (r.) bei der Einweihung des Hauses der Deutschen Kunst am 18.6.1937

Der Sohn August (1898-1980) war der Erbe. Er hatte andere Wertmaßstäbe als sein Vater. So war er ein früher Bewunderer und Finanzier Adolf Hitlers, wurde in der NS-Zeit Vorsitzender im Kuratorium des "Hauses der Deutschen Kunst" und  profitierte in großem Stil von Arisierungen. Nach dem Krieg verlor er etliche seiner ererbten Aufsichtsratsposten. Doch das Vermögen der Fincks wuchs weiter. 1979 betrug der Konzernumsatz bereits 2,25 Milliarden Mark. Der Münchner Oberbürgermeister Georg Kronawitter spottete: "Jeden Morgen, wenn Herr von Finck wach wird, ist er um eine Million reicher. Es steht ja schon in der Bibel: Den Seinen gibt‘s der Herr im Schlafe."

"An alter Stätte deutscher Kunst sind heute Deutsche aus allen Gauen versammelt, der Kunst zu huldigen. Ich begrüße namens des Hauses der deutschen Kunst unseren Führer, den Herrn Reichskanzler Adolf Hitler. … Unter dem ehernen Klang aller Kirchenglocken ward am 21. März in Potsdam der Grundstein gelegt zum neuen Reiche. Mit tiefem Glauben haben wir uns zusammengefunden, in gemeinsamer Arbeit Stein für Stein am neuen Dom deutscher Nation zu bauen. (…) Tiefster Sinn des neuen Staates ist ein glühendes Bekenntnis zum schöpferischen Volkstum der Nation. Wenn hier in dieser Stunde als äußeres Zeichen dieses Glaubens der Führer den Grundstein legt zu einem Haus der Deutschen Kunst, zum neuen Glaspalast, so soll dies eine Wendung bedeuten für die Stellung des Künstlers zu seinem Volke."

(August von Finck, aus der Rede zur Grundsteinlegung des Hauses der Deutschen Kunst am 15.10.1933)

Unterschiedliche Welten und unterschiedliche Werte

August von Finck (r.), sein Sohn August von Finck jr. und Marianne Strauss, bei einem Essen zum 100-jährigen Bestehen der Bank Merck, Finck & Co.

"Wilhelm und August von Finck, beide Mitglieder der Hochfinanz, repräsentieren ganz unterschiedliche Welten und unterschiedliche Werte. Das liegt nicht nur an unterschiedlichen Zeiten. Wilhelm war ein innovativer und weitsichtiger Konzernbauer mit festem bürgerlichen Wertekanon, ein "ehrbarer Kaufmann" mit der Überzeugung, ein gutes Geschäft müsse für beide Seiten stimmen, ein Mann, der auch bei wirtschaftlich ertragreichen Unternehmungen das Gemeinwohl als feste Größe im Blick hatte.

Sein Sohn August hingegen erscheint als einer der Männer, die sich aus Profitdenken, Machtstreben und Werteblindheit Hitler und seiner Ideologie zur Verfügung stellten, mit ihm aufstiegen und verdienten, aber nicht mit ihm fielen, die sich selbst und ihr Vermögen als wichtigsten Bezugspunkt hatten und die Bedürfnisse der Allgemeinheit vor allem als Chance für die Vermehrung des eigenen Reichtums sahen. Vermutlich hätte Wilhelm von Finck mit seinem Sohn keine Geschäfte gemacht." (Marita Krauss)


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