Bayern 2 - Land und Leute


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6) Bally Prell "Bayerische Charakterköpfe"

"Sie war ein Genuss": Bally Prell, die Münchner Volkskünstlerin mit ihrer Tenorstimme. Cornelie Müller versucht herauszufinden, wer sich hinter der Maske der "Schönheitskönigin von Schneizlreuth" verbarg.

Von: Cornelie Müller

Stand: 28.08.2016 | Archiv

Am 14. September 1922 wurde Bally Prell als zweites Kind von Paulina und Ludwig Prell geboren und erhielt die Vornamen Agnes Paula. Als Mutter und Kind vom Krankenhaus nach Hause kamen, sagte der 12 Jahre ältere Bruder Ferdinand beim Anblick des kugelrunden Säuglings:

"Des is mei Balli, des geb’ i nimma her!"

(Ferdinand Prell)

Der Name saß und lieferte den ersten, bleibenden Hinweis auf ihr körperliches Erscheinungsbild - so rund wie ein Ball.

"Die Schönheitskönigin von Schneizlreuth"

Bally Prell im Kostüm der "Schönheitskönigin von Schneizlreuth"

Bally Prell lebte von Geburt an bis zu ihrem frühen Tod 1982 in der Leopoldstraße 77 in München. Mit einer ungewöhnlich tiefen Stimme und großer Musikalität begabt, trat sie schon als Kind öffentlich auf. Ihre Stimme war außergewöhnlich tief: ein reiner Tenor. Weibliche Tenöre aber waren damals auf Opernbühnen nicht vorgesehen. Es gab keine Rollen für sie. So überraschte es nicht, dass der hochbegabten, stimmgewaltigen jungen Frau mit der üppigen Figur 1953 der große Durchbruch nicht auf dem Konzertpodium gelang, sondern auf der Volkssängerbühne am Platzl mit einer parodistischen Nummer. Zu ihrem 31. Geburtstag schenkte ihr der Vater das Lied "Die Schönheitskönigin von Schneizlreuth", das er ihr buchstäblich auf den Leib geschrieben hat: eine Parodie auf die damals wieder entdeckten und sehr beliebten Miss-Wahlen.

"Mich, die Salvermoser Zenz
Ham’s zur Schönheitskonkurrenz
Nach München auffigschickt
Unter 20 solche Nassl
Hab ich ghabt des Riesnmassl
Und den 1. Preis gekriegt.
Mein Bürgamoasta, der wird linsn
Und mei Hiasl, der wird grinsn
Meinen Freundinnen stinkt er schwer
Doch das lässt sich sehr leicht denken
Zwengn den Haufen von Geschenken
Und der Reuse übers Meer
Hahahahaha
Ja, ja, jajajajaja
Ja, was sagn’S denn da
Ich, die Schneizlreutherin
Bin Schönhoitskönigin
Ja, ja, jajajajaja,
Dass dieses Wunder geschah
Das allein verdank ich nur
Meiner zierlichen Figur."

(Bally Prell, 'Schönheitskönigin von Schneizlreuth')

Ihr Privatleben blieb weitgehend unbekannt

28 Jahre lang stand sie als Gesangs-Humoristin auf den Bühnen von Wirtshäusern und Bierzelten. Von ihr wird gesagt, sie habe die Tradition der Volkssänger nach dem 2. Weltkrieg fortgesetzt. Zu ihrem Repertoire zählten neben den Kompositionen ihres Vater – wie "Isarmärchen" oder "St. Anna-Vorstadt" – und Parodien (Leo Slezak "Man nehme zwei Herzen") auch Schubert- und Mozartarien, französische Chansons und italienische Volkslieder. Sie selbst vertonte Eichendorff-Gedichte, komponierte Walzer und Sonaten. Dies blieb weitgehend unbekannt, ebenso ihr Leben außerhalb des Rampenlichts.

"Ha, bin ich vielleicht nicht schön?"

Was für ein Mensch verbarg sich hinter der Maske der Frau, die sich und ihre korpulente Figur parodierte, indem sie mit einem rosa Rüschenkleid, weiß-blauer Schärpe und goldenem Krönchen auftrat und sang: "Ha, bin ich vielleicht nicht schön"? Cornelie Müller sprach mit Zeitzeugen und Weggefährten Bally Prells.


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