Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. April 1928 Geburt des Künstlers Yves Klein

In der Kunstmetropole Paris stellen die neuen Realisten den Kunstbegriff gehörig auf den Kopf. Ihr Ziel: Nouveau Réalisme - das wahre Leben in die Kunst holen. Am 28. April 1928 wird der neue Realist und Avantgarde-Künstler Yves Klein, bekannt für einen ganz bestimmten Blauton, geboren. Autorin: Fiona Rachel Fischer

Stand: 28.04.2023 | Archiv

28 April

Freitag, 28. April 2023

Autor(in): Fiona Rachel Fischer

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Paris, die Stadt der schönen Künste, gespickt mit Museen voller großer Meister und ihren realistischen, geradezu lebensechten Werken. Realistisch? Lebensecht? Zeit, diese Begriffe gehörig auf den Kopf zu stellen. Am 28. April 1928 kündigt das Babygeschrei des frischgeborenen Yves Klein eine neue Ära an. Er ist der Sohn eines Künstlerpaars und greift, auch wenn er keine künstlerische Ausbildung erhält, selbst zum Pinsel.

In den 50ern kommt Bewegung in die Pariser Kunstszene. Eine Handvoll Künstler, mit ihnen Yves Klein, macht sich auf zu neuen Darstellungsformen und einem neuen Kunstverständnis. Nicht mehr kostbar und glamourös soll sie sein, die Kunst, sondern die Realität abbilden. Ja, die Realität soll sogar selbst zur Kunst werden. Völlig neu ist dieser Gedanke in den 1950ern nicht. So hat der französische Künstler Marcel Duchamp schon 1917 ein Pissoir einfach so zur Kunst erklärt und damit alles auf den Kopf gestellt. Die Bewegung der neuen Realisten, die sich im Jahr 1960 per Manifest diesen Namen gibt, ist eine ziemlich verspätete Antwort auf Duchamps pittoreskes Pinkulatorium. Dafür geht sie noch viel weiter: Sie möchte die Lücke zwischen der Kunst und dem konsumgesteuerten Leben der Nachkriegszeit schließen.

Ist das Kunst oder kann das weg?

Ihre Methoden mögen so manchen Kunstskeptiker in seinen Vorurteilen bestätigen. Der Objektkünstler Arman gestaltet Ansammlungen identischer Gegenstände, wie Uhren, und nennt diese Werke „Akkumulation“, also Ansammlung, oder stellt Müll als Kunst aus. Daniel Spoerri, der Begründer der „Eat Art“, bekocht sein Publikum und klebt schließlich die hinterlassene Speisetafel mit Essensresten und allem Drum und Dran zu einem Kunstwerk zusammen. Was sich dahinter verbirgt, ist eine kristallklare Realitätsdarstellung.
Der Augenblick nach dem Essen wird eingefroren, der Dreck des Lebens in eine Pariser Galerie verfrachtet . gewürzt mit etwas Kritik an Massenproduktion, Konsum und Verschwendung.

Ein eigenes Blau für Yves Klein

Yves Klein steht seinen Mit-Realisten in Radikalität nicht nach. Als einziger Maler unter den Gründern karikiert er die abstrakten Expressionisten und bemalt Leinwände nur in einer einzigen Farbe. 1956 entwickelt er zusammen mit einem Chemiker ein leuchtendes Ultramarinblau, das er als International Klein Blue patentieren lässt. Ab da arbeitet er ausschließlich in dieser Farbe. Neben Malschwämmen, die er ebenfalls zu Werken zusammenklebt, bedient er sich ab 1958 einer radikaleren Malmethode: Nackte Körper werden zu seinen lebenden Pinseln. Das wird zur Sensation. Vor Publikum lässt er weibliche Models sich mit blauer Farbe bemalen. Auf Anweisung des Künstlers drücken diese dann ihren farbigen Körper an Wände und Böden, die mit Leinwand ausgelegt sind, während im Hintergrund ein Orchester einen einzigen Ton spielt, die von Klein komponierte Monotone Symphony. Die Formen, die dabei herauskommen, mögen abstrakt wirken, doch sie sind ein Abdruck des wahren Lebens. Ziemlich lebensecht, möchte man sagen.


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