Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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15. Dezember 1984 Wham! veröffentlicht "Last Christmas"

Eigentlich geht es um eine verflossene Liebesbeziehung. Aber der Song "Last Christmas" von Wham! wurde zu dem Klassiker der populären Weihnachtsmusik. Autorin: Julia Zöller

Stand: 15.12.2020 | Archiv

15 Dezember

Dienstag, 15. Dezember 2020

Autor(in): Julia Zöller

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Hätte die Familie Panagiotou aus Radlett bei London das Kinderzimmer ihres Sohnes zügig ausgeräumt, einer der bekanntesten Weihnachtssongs der Welt wäre wohl nie entstanden. Aber: das Zimmer des 20-jährigen Georgios war noch eingerichtet, als er mit seinem Freund und Bandkollegen Andrew im Februar 1984 daheim vorbeischaute. Nach dem Essen, als der Fernseher lief, konnte Giorgos also in eben jenem Kinderzimmer verschwinden und auf dem Keyboard klimpern.  

Dort muss dem jungen Musiker an diesem Sonntag so etwas wie eine Erleuchtung gekommen sein. Jedenfalls soll es nur rund eine Stunde gedauert haben, erzählt Bandpartner Andrew noch heute, bis Giorgos ihm plötzlich einen neuen Song präsentierte. Eine einfache Melodie mit rätselhaftem Text über eine enttäuschte Liebe: 

Der Superhit

(singt)

Last Christmas, I gave you my heart
But the very next day you gave it away.
This year, to save me from tears
I'll give it to someone special
Last Christmas.

Giorgos, oder - wie er sich nannte George Michael - und sein Kumpel Andrew Ridgeley, beide zusammen WHAM! und gerade ziemlich erfolgreich, wollen sofort gespürt haben: Last Christmas ist unser nächster Superhit.

Wie wir heute wissen: WHAM! hatten recht. George Michael ist 2016 viel zu früh verstorben, ausgerechnet an Weihnachten. Ob es im Winter noch schneit weiß kein Mensch mehr.

Aber: auf Last Christmas ist immer noch Verlass. Im Radio, am Glühweinstand, im Supermarkt. Seit der Veröffentlichung am 15. Dezember 1984 ist der Song immer wieder zur Adventszeit zurück in den Charts.

Die Ohrschlange

Und jetzt schlechte Nachricht: Das Lied ist ein richtig schlimmer Ohrwurm. Es erfüllt nämlich zwei wissenschaftliche Ohrwurm-Kriterien: eingängige Melodie und häufige Wiederholung. Jedes Jahr neu werden Schläfen- und Stirnlappen in Millionen Gehirnen zur Adventszeit getriggert.

(summt) Na, nana, nanananana

Weil George Michael den Refrain noch dazu 6 Mal singt, hat Last Christmas nicht Ohrwurm, nein: Ohrschlangen-Potenzial.   

Da gibt es nun zwei Möglichkeiten: Wenn Sie das Lied hassen, sollten Sie bei Ohrwurmalarm sofort auf einem Kaugummi oder etwas anderem herumkauen, raten Forscher. Bewegungen mit dem Kiefer hindern offenbar das Gehirn daran, sich permanent selbst zu befeuern

Oder aber: Sie kapitulieren gleich und schauen sich auch noch das Musikvideo zu Last Christmas an. George Michael und Andrew Ridgeley sind im Oktober 1984 mit einem Dutzend Freunden in Saas-Fee im Wallis eingefallen, und was dort zustande gekommen ist, lässt einen die Wurmschlange glatt vergessen. Fröhliche junge Menschen tragen Skier auf der Schulter, haben aber nicht mal Mützen dabei. Eine Gondel fährt sie in die Bergwelt der 4000er, wo dennoch dichte Bäume wachsen. Und: nach einer ausgelassenen Schneeballschlacht sitzen alle trocken und gestylt am festlich gedeckten Weihnachtstisch. Dort wirft George Michael seiner Last-Christmas-Liebe einen Blick zu, der Gletscher zum Schmelzen bringt. Nie mehr Weichzeichner. Nie war mehr Bravo-Starposter. Und: nie war mehr Haarspray auf dem Kopf eines Sängers.


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