Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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7. August 2010 Tödliches Ende bei Sauna-WM in Finnland

Mancher Wettkampf beginnt ganz lustig, ein fröhliches Kräftemessen… So sollte das auch bei der finnischen Sauna-Weltmeisterschaft sein, allerdings verschwitzten ein paar Kandidaten rechtzeitig aufzugeben. Autorin: Prisca Straub

Stand: 07.08.2018 | Archiv

07 August

Samstag, 07. August 2010

Autor(in): Prisca Straub

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Die Rücken sind gekrümmt, die Köpfe gesenkt, die Arme fest vor die Oberkörper gepresst: Fünf Finnen und ein Russe in knappen schwarzen Slips sitzen Seite an Seite auf einer Holzbank. Die Temperatur liegt bei knapp 120 Grad, der Schweiß rinnt über krebsrote Gesichter und stattliche Männerbäuche. Kameras übertragen jede Regung der glänzenden Körper. Nur noch wenige Minuten, dann wird man wissen, wer es am längsten aushält.

Schweißtreibende Angelegenheit

Zum Finale der Sauna-Weltmeisterschaft am 7. August 2010 im finnischen Heinola haben sich Hunderte begeisterter Fans versammelt. Sie jubeln zu stampfender Einpeitschmusik und prosten den sechs Sauna-Sportlern aufmunternd zu. Alle 30 Sekunden - ein Aufguss, so lautet die Regel. Jeweils ein halber Liter. Der Wasserdampf verwandelt den verglasten Sauna-Container in ein fauchendes Inferno. Jeder Atmenzug schmerzt. Nach gut zwei Minuten gibt einer der Finnen auf.

Timo Kaukonen, der umjubelte fünffache Sauna-Weltmeister mit den weißblonden schulterlangen Haaren sitzt nahezu regunglos, die Augen zu Schlitzen verengt. Neben ihm: Wladimir Ladyschenski, ein drahtiger Sportler aus Sibirien. Ein Russe - ausgerechnet! - will in der finnischsten aller Sportarten mit dem einheimischen Titelverteidiger konkurrieren. Was für eine Provokation! Der Russe hebt den Daumen in die Höhe, auch das ist eine Regel. Um zu signalisieren, dass noch Leben in ihm steckt. Inzwischen sind zwei weitere finnische Finalisten ins Freie gestürzt.

Daumen hoch!

Die Sauna ist für Finnen ein existenzieller Ort - die nordische Passion schlechthin. Hier regelt man die wirklich wichtigen Dinge des Lebens, macht Geschäfte, schließt Verträge.

Im Kalten Krieg ludt der finnische Staatspräsident seinen Moskauer Amtskollegen zu Gesprächen in seinen Luxus-Schwitzkasten. Halbnackt alle beide. Sauna -Diplomatie nannte man das. Der heiße Dampf beruhigte die Gemüter.

Ganz anders die Situation im Sauna-Container der Finalisten: Nach knapp sieben Minuten läuft hier jetzt alles auf ein finnisch-russisches Duell hinaus: Titelverteidiger Kaukonen und sein Herausforderer Ladyschenski sind nur noch zu zweit. Die Gesichter - aufgedunsen. Die Lippen - geschwollen. Zähflüssiger Rotz hängt ihnen am Kinn, in den Mundwinkeln steht Schaum. Plötzlich beginnt der Finne zu schwanken. Zunächst unmerklich, dann kippt er von der Bank. Der Russe sackt in sich zusammen, sein Daumen beibt unten.

Als die Schiedsrichter aufspringen, die Tür aufreißen und die verkochten Körper ins Freie ziehen, löst sich die Haut in Fetzen. Für Wladimir Ladyschenski kommt jede Hilfe zu spät, er ist bereits tot. Der Finne Kaukonen fällt ins Koma - verbrannte Haut, eine verbrühte Lunge, Monate wird er im Krankenhaus verbringen.

Übrigens: Es gab noch eine weitere Regel beim Kampf der Saunisten: Der Gewinner muss die Sauna auf eigenen Beinen verlassen. So wird der ursprünglich drittplatzierte Finne Weltmeister. Und noch etwas entscheiden die Veranstalter: Das war's jetzt mit der finnischen Sauna-WM.


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