Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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10. Juni 2008 Stararchitekt Foster baut Haus für Elefanten

Über 37 Millionen Euro hat es gekostet, das Haus der Elefanten im Zoo von Kopenhagen. Zwei große Stahl-Glasgewölbe, eines misst 45 mal 23 Meter, das andere 30 mal 15 Meter. Erdacht und gebaut von keinem geringerem als dem Stararchitekt Norman Foster, 1990 zum Ritter geschlagen. Autorin: Prisca Straub

Stand: 10.06.2021 | Archiv

10 Juni

Donnerstag, 10. Juni 2021

Autor(in): Prisca Straub

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Dass der britische Stararchitekt sich mal mit der Zusammensetzung von Elefantenpisse beschäftigen würde, das hätte man im Architekturbüro "Foster and Partners" kaum für möglich gehalten: Norman Foster - Sir Norman Foster - macht sich nur ungern die Hände schmutzig. Die Entwürfe seiner High-Tech-Bauten entstehen für gewöhnlich unter blitzblanken Bedingungen: Megaprojekte aus Glas und Stahl. Scharfkantige Bank-Hochhäuser für Hongkong und Frankfurt am Main. Die markante Millennium Bridge in London, die gläserne Reichstagskuppel für Berlin. Und jetzt, urplötzlich, eine Anfrage aus Dänemark: Dem Direktor des Tiergartens Kopenhagen sei bei seinem jüngsten Besuch in London der neue, gläsern überkuppelte Innenhof des British Museum ins Auge gestochen - leicht, licht, modern, ein unverwechselbares Werk aus der Fosterschen Feder. Und: So ein Raumeindruck schwebe auch dem dänischen Zoodirektor vor. Seine in die Jahre gekommene Elefanten-Residenz aus düsterem Backstein müsse nämlich dringend ersetzt werden … Ob der Meister eventuell mal einen Blick riskieren wolle? Hochachtungsvoll, et cetera …

Bauen für Elefanten - Erweiterung des Portfolios

Nun, Norman Foster ist es gewohnt, in großen Dimensionen zu denken - und reist tatsächlich an. Höchstpersönlich. In Gummistiefeln marschiert der bald 70-Jährige tagelang durch Elefanten-Mist, späht konzentriert durch Gitterstäbe, notiert Beobachtungen zum Rüsseltier-Alltag. In Windeseile entsteht ein detailliertes Storyboard: Lieblingsaktivitäten? Im Sand wühlen und baden! - Welchen ph-Wert hat überhaupt Elefanten-Urin? Achtung, ziemlich sauer! Zersetzt den Untergrund! Die Fußgesundheit von Dickhäutern? Sehr empfindlich! Sir Norman ist jetzt im Bilde. Also: Bauen für Elefanten? - "My pleasure!"

Wohlfühl-Oase für Elefanten

Das Elefanten-Domizil, das am 10. Juni 2008 auf dem Kopenhagener Zoogelände eingeweiht wird, ist monumental. Es trägt die markante Foster-Handschrift - Glas, Stahl, Beton - ist hier aber mit Lehm verputzt. Eine sanft geschwungene, teils in die Erde versenkte Anlage - ein weitläufiges Landschaft-Freigehege mit Pool - und als Blickfang: zwei voneinander getrennte, mit Glaskuppeln überkrönte Innenhallen. Mit ihren Schatten spendenden Blattmustern hüllen sie die Dickhäuter in tropenhaftes Zwielicht. Eingesprühter Wassernebel umschmeichelt die Haut der Riesen. Eine im Sand verborgene Fußbodenheizung verhindert klamme Zehen. Und mehr noch: Das weiche Bett aus Sand schont nicht nur die Gelenke der 15-Tonner; Nacht für Nacht wird es in abwechslungsreiche Formationen immer wieder neu aufgeschichtet.

Und die frisch eingezogenen Elefanten? Sie genießen ihre Wellness-Oase und gedeihen prächtig. An ihren gewaltigen Hintern entwickeln sich pralle Muskelstränge, die Haut wird parasitenfrei. Sie fressen mit ungekanntem Appetit und spielen so viel wie nie zuvor. Vielleicht hat Sir Norman Foster nie für vergnügtere Bewohner gesorgt. Fast schade, dass er danach wieder für Bänker, Manager und Versicherungsunternehmer gebaut hat.


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