Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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31. Januar 1961 Schimpanse Ham startet ins All

Der Countdown läuft, am 31. Januar 1961: Cape Canaveral. In der Rakete sitzt ein kleiner Schimpanse, allein, aber im maßgeschneiderten Raumanzug. Ham wird der erste Affe im All sein. Und einen guten Job machen. Zurück auf der Erde wird er gefeiert und geht später im Zoo in Rente. Autorin: Susi Weichselbaumer

Stand: 31.01.2023 | Archiv

31 Januar

Dienstag, 31. Januar 2023

Autor(in): Susi Weichselbaumer

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Kaum ein Affe macht konkurrenzlos Karriere. King Kong lässt sich als erstes Monster rein fürs Kino erfinden, entspringt also nicht einer Literaturvorlage. Nur um etwas später von Godzilla überholt zu werden, dem Riesendinosaurierdrachen, der ganz Tokio platt walzt plus in Filmlexika bis heute den Titel "König der Monster" trägt. Cheeta aus Tarzan ergeht es nicht besser. Das Schimpansenmädchen möchte frech und fröhlich punkten. Das Publikum bevorzugt lieb und verspielt. Wie Flipper. Oder niedlich und klug. Wie Lassie.

Mission Affe im All

Hams Erfolgsprojekt startet anders. Für den Schimpansen soll es nicht der schnelle Ruhm werden, sondern die nachhaltige Ehre. Geboren im zentralafrikanischen Regenwald, erschießen Wilderer seine Mutter. Auf einem Tiermarkt in Kamerun kaufen ihn Amerikaner. Gemeinsam mit 39 weiteren Schimpansen zieht Nr. 65, wie ihn die neuen Besitzer zunächst nennen, in die USA – auf die Holloman Air Force Base. Vom Holloman Aerospace Medical Centre dort leitet sich sein Name ab: Ham. Und hier beginnt seine Ausbildung bei der NASA. Licht- und Tonreize werden trainiert. Große Hitze gilt es auszuhalten und extreme Beschleunigung. Klaustrophobie. Unbeweglichkeit. Komplette Einsamkeit.

Der kleine Kerl aus Kamerun ist jetzt vier Jahre alt und absolviert seine Aufgaben bravouröser als die 39 Mitbewerber. Ham bekommt den Job. Allerdings handelt es sich um ein riskantes Unternehmen. Er soll der erste Schimpanse im Weltall werden. Der unbemannte Start einer Mercury-Redstone, der MR1, war im Sommer 1960 gescheitert. Die Rakete musste nach 59 Sekunden gesprengt werden. Der nächste Versuch ist erfolgreicher.

Am 31. Januar 1961 findet mit der MR2 die "Generalprobe samt Affe" statt. Schimpansen sind dem Menschen biologisch sehr ähnlich, auch ihre Reaktionszeit gleicht sich in etwa. Ergo geben Schimpansen die idealen Testkandidaten ab, um die perfekten Bedingungen für die bemannte Raumfahrt auszuloten, findet die NASA

Ham, völlig losgelöst

Ham ist am Morgen des 31. Januar topfit. Schlag 7:30 Uhr Ortszeit wird er in Cape Canaveral an Bord der MR2 gebracht, festgeschnallt und mit Sensoren ausgestattet. 11:55 Uhr erfolgt die Zündung. Ham hebt rasant ab und muss dabei ein 17-faches seines Körpergewichts aushalten. Ein Ventil fällt aus, der Kabinendruck sinkt, doch der Schimpanse ist sauerstofftechnisch sicher im maßgeschneiderten Raumanzug. In 253 Kilometer Höhe vollführt Ham versiert die einstudierten Reaktionstests, tummelt sich sechs Minuten in der Schwerelosigkeit. Mittags um 12:12 Uhr landet er wieder. Rund 700 Kilometer von Cape Canaveral entfernt. Zur Belohnung gibt es einen Apfel und eine Banane.

Souveräne Leistung. Der Weg für den ersten Mann auf dem Mond ist damit geebnet. Ham wird in den Ruhestand versetzt - im Zoo von Washington - und darf sich bewundern lassen als erster Schimpanse völlig losgelöst von der Erde. Aber ach ja, kaum ein Affe macht konkurrenzlos Karriere. Den prominenteren Platz im Geschichtsbuch sprich den längeren Eintrag in der Rubrik "Tiere im Weltraum" muss Ham später Leika überlassen. Die Hündin war bereits vier Jahre vor ihm ins All gestartet mit dem sowjetischen Sputnik 2. Und hatte nicht überlebt - tragische Enden kommen beim Publikum wahrscheinlich einfach besser an als wohlverdiente Pensionen.


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