Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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19. Juni 1990 Schengener Übereinkommen

Liegt der Geburtsort Europas in Schengen an der Mosel? Das Schengener Übereinkommen definiert einen "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" der Europäischen Union.

Stand: 19.06.2018 | Archiv

19 Juni

Dienstag, 19. Juni 2018

Autor(in): Birgit Magiera

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Die Geburtsstunde Europas – wann war die eigentlich? Von den alten Griechen ist da keine Hilfe zu erwarten: von einer mythologischen Figur, wie die phönizische Prinzessin Europa eine ist, kennt niemand das genaue Geburtsdatum. Dass Zeus sie erst nach Kreta ent- und dort verführt hat, in der Gestalt eines stattlichen Stieres - geschenkt. Nur so ganz ohne Geburtsdatum, - da kann natürlich jeder alles behaupten.

Wann hat Europa Geburtstag?

Viele schauen auf einen Frühlingstag vor über 60 Jahren, als mit den römischen Verträgen die europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gegründet wurde. Vielleicht war auch Karl der Große der allererste Europäer im politischen Sinn und Europas Geburtsstunde demnach der Krönungstag des großen Karl, an Weihnachten im Jahre 800?

Und manche meinen, es sei der 19. Juni 1990 . Ein Dienstag war‘s, Lothar Matthäus und Co kickten sich bei der Fußball-WM in Italien gerade Richtung Weltmeistertitel. Alle Deutschen zusammen waren von ihrer Wiedervereinigung noch ein paar Monate entfernt. Da wollte man an diesem 19. Juni 1990 schon mal ein paar europäische Nachbarstaaten, wenn schon nicht vereinigen, so doch zumindest einander näherbringen.

Ein Winzerort an der Mosel

Ort des feierlichen Aktes war ein kleiner Winzerort im Dreiländer-Eck Frankreich-Deutschland-Luxemburg: Schengen, gut viertausend Einwohner, malerisch an der Mosel gelegen. Der Ausflugsdampfer MS Princess Marie-Astrid hatte an der Uferpromenade festgemacht. An Bord trafen sich Politiker der Benelux-Staaten, Frankreichs und Deutschlands, um in Sachen Grenzöffnung endlich mal in die Gänge zu kommen. Schon fünf Jahr zuvor hatte man auf demselben Schiff das Schengener Übereinkommen geschlossen, mit dem Ziel, die Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen schrittweise abzuschaffen.

Jetzt, im Sommer 1990 der zweite Anlauf für einen wichtigen Vertrag mit einem Namen, wie ihn sich nur gewissenhafte Staatsbeamte ausdenken können: "Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen" kurz "Schengen II". Für die Bundesrepublik zückte der damalige CDU-Staatsminister im Kanzleramt, Lutz Stavenhagen den Füller. Eigentlich hätten die Grenzkontrollen zu dem Zeitpunkt schon längst Geschichte sein sollen. Aber der Zeitplan war nicht einzuhalten, juristische Bedenken und sonstige Hindernisse waren zu groß. Dann kam auch noch die deutsch-deutsche Wiedervereinigung dazwischen. Erst 10 Jahre nach dem ersten Treffen auf dem Moseldampfer und 5 Jahre nach dem zweiten trat Schengen in Kraft.

Seitdem wurden immer wieder die Unterschriften-Füller gezückt, der Schengenraum wuchs. Mittlerweile gehören die meisten EU-Staaten dazu und auch Norwegen, Liechtenstein, die Schweiz und Island. Und auch wenn der Name des luxemburgischen Winzerdorfes seit der Flüchtlingskrise von manchen nicht mehr ganz so euphorisch ausgesprochen wird, - Schengen steht für ein zusammenwachsendes Europa und kommt auf jeden Fall als Geburtsort infrage. Auch wenn der genaue Geburtstag unklar bleibt.

Und noch ein Tipp für geschichtsbewusste Europa-Touristen: die MS Princess Marie-Astrid liegt nicht mehr in Schengen am Moselufer. Aber sie fährt noch als Ausflugsdampfer, mittlerweile in Bayern, auf der Donau in Regensburg, unter neuem Namen als "MS Regensburg".  


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