Bayern 2 - Das Kalenderblatt


0

11.05.2003 Saliera aus dem Kunsthistorischen Museum Wien entwendet

Manchmal merkt man erst auf den zweiten Blick, dass was Normales eigentlich etwas abnormal Teures sein kann… Wie dieses Salzfass im Kunsthistorischen Museum in Wien: die Saliera! Autorin: Regina Fanderl

Stand: 11.05.2018 | Archiv

11 Mai

Freitag, 11. Mai 2018

Autor(in): Regina Fanderl

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Gut, es handelt sich nur um ein Salzfass. Aber um was für eins! Das Tischaccessoire aus der Spätrenaissance ist eine allegorische Darstellung in Gold-Email. Auf einem Sockel lagern, leicht zurückgelehnt, zwei nackte Figuren: Neptun hält einen Dreizack, das Schiff zu seiner Rechten, von vier Wesen mit Pferdeleibern und Fischschwänzen getragen, ist das Gefäß für das Salz. Ihm gegenüber Tellus, die römische Göttin der Erde. In ihrer anmutig herabhängenden Hand ein Füllhorn mit Blumen und Früchten, an ihrer Seite ein kleiner Tempel – für den Pfeffer.

Das ungewöhnliche Salzfass, italienisch "saliera", gilt als die einzige erhaltene Arbeit des hochgelobten florentinischen Goldschmieds Benvenuto Cellini. Ursprünglich für den französischen König Franz I. gedacht, kam das edle Würzgefäß später in den Besitz der Habsburger und landete schließlich in einer Vitrine des Wiener Kunsthistorischen Museums.

Gut gewürzt

Ins weltweite Licht der Öffentlichkeit rückt die Saliera allerdings erst durch einen spektakulären Vorfall am 11. Mai 2003. Gegen 2 Uhr früh verlassen die letzten Besucher der "Langen Nacht der Musik" das wegen Renovierungsarbeiten eingerüstete Gebäude am Burgring. Um 3 Uhr 55 wird im ersten Stock die Alarmanlage ausgelöst. Das Wachpersonal geht von einem Fehlalarm aus – "Wird scho nix sein! " – so dass erst vier Stunden später Putzfrauen feststellen: Ein Fenster ist eingeschlagen, die Vitrine zerstört, die auf 50 Millionen Euro geschätzte Saliera – weg.

Wird doch was gewesen sein…

Der dreiste Raub schlägt hohe Wellen. Eine Sonderermittlungsgruppe Saliera wird eingerichtet. Das FBI hängt sich mit rein. Tageszeitungen appellieren an die Täter, die oppositionellen Sozialdemokraten verlangen den Rücktritt der Bildungsministerin, andere den des Museumsdirektors. Per SMS geht eine Lösegeldforderung über 10 Millionen Euro ein. Die Polizei tappt im Dunkeln.

Erst im Januar 2006 klärt sich der Fall. Ein 50-jähriger Alarmanlagen-Techniker aus Wien-Neubau gesteht den Diebstahl der Saliera. Er führt die Polizei zu einem Waldstück bei Brand im Waldviertel. In einer vergrabenen Kiste liegt, nahezu unversehrt, die Saliera.

Der Mann, der sich davor in einem privaten Wiener Radiosender keck über die angeblich schlechte Absicherung der Saliera ausgelassen hatte, wird zu fünf Jahren Haft verurteilt und wegen guter Führung vorzeitig entlassen.

Das andere Happy End: Das wertvolle Salzfassl gewinnt ungeheuer an Popularität! Der Museums-Shop verkauft die Saliera als Radiergummi, Puzzle oder Flaschenöffner. Nur die Geschäftsidee, im Gasthaus von Brand im Waldviertel ein "Saliera-Schnapserl mit Goldflankerl" anzubieten, hat sich nicht recht durchgesetzt. Schad‘, eigentlich…


0