Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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21. September 1847 Rote und Blaue Mauritius werden ausgegeben

Unter Briefmarkensammlern gehören sie zu den begehrtesten Objekten, die Blaue und die Rote Mauritius. Dass sie einmal so teuer werden würden, konnte bei ihrem Druck niemand ahnen. Doch Fügung oder Zufall ließen die Marken der Reihe immer rarer werden. Autor: Christian Jungwirth

Stand: 21.09.2021 | Archiv

21 September

Dienstag, 21. September 2021

Autor(in): Christian Jungwirth

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Wie raunt im weltbekannten Gruselschocker "Das Schweigen der Lämmer" der inhaftierte Hannibal Lecter - menschlich voll ins Schwarze treffend - so sinister durchs Gefängnisgitter? Wir begehren, was wir täglich sehen! Nun ja, auf diese beiden dürfte das beim allergrößten Teil der Menschheit wohl kaum zutreffen: die Blaue und die Rote Mauritius, Briefmarken. Doch doch... gehört hat man schon davon... Sprichwörtlich ist sogar deren Seltenheitswert.

Und damit einhergehend die Gier von Homo sapiens darauf, eines dieser kleinen bunten Läppchen, mit denen für gewöhnlich rund um den Globus Briefe frankiert werden, vielleicht kurz mal live und in Farbe zu besehen. Oder besser noch: eine zu besitzen... Denkste! Weltweit existieren von der Blauen Mauritius, der weitaus berühmteren, noch 12 und von der roten Schwester noch 15 Exemplare, blank oder gestempelt. Und die werden streng bewacht hinter Panzerglas oder in Stahltresoren verwahrt. Nebenbei: von echten Stradivari-Violinen - die teuerste über 10 Millionen Euro wert - sollen heute geschätzt noch 620 Exemplare existieren.

Am Anfang noch alles ganz billig

Und dabei fängt unser Briefmarken-Hype herrlich unprätentiös und extrem preisgünstig an. Man schreibt den 21. September 1847, als der Gouverneur der britischen Kronkolonie Mauritius, Sir William Gomm, mit Zustimmung des Londoner Parlaments zwei Marken herausgibt: für den innerörtlichen Postverkehr die rote 1-Penny-Variante, und wer Post für Übersee reisefertig machen will, klebt die blaue 2-Penny aufs Kuvert. Die erste seltene 500-Stück-Serie ist noch seltsam beschriftet: "Post Office", also Postbüro, streng nach britischem Vorbild. Die zweite Auflage trägt später das berühmte "Post paid", also Post bezahlt.

Die allerersten Marken klebt sofort Lady Gomm, die Gouverneursgattin, auf ihre Einladungspost zum jährlichen Kostümball auf der Insel im Indischen Ozean. Eine wirklich feine Sache. Endlich können Briefe im Voraus bezahlt werden. Niemand macht sich damals auch nur im Ansatz Gedanken darüber, welchen Geld- und damit auch Gier-Wert diese drucktechnischen Preziosen dereinst noch haben werden. Der Lauf der Geschichte trägt sein Scherflein dazu bei: Auflagen werden eingestampft, Kuverts landen im Altpapier, Druckplatten verschwinden mysteriös, tauchen später wieder auf, es wird geschachert und gedealt, was die Marke hergibt.

Am Schluss richtig teuer

Das Ende vom Lied im 21. Jahrhundert: jeder hat irgendwie schon mal von den auf schnödem Visitenkartenpapier gedruckten Postwertzeichen gehört, aber kaum jemand eine gesehen oder gar besessen! Die Königin von England hat eine ungestempelte Blaue sowie eine Rote auf Kuvert im Safe. Wer die mal erbt - blanke Spekulation! Ein anonymer Liebhaber hat jüngst einen weiteren Einladungsumschlag von 1847 mit roter Marke für schlappe 8,1 Millionen Euro fürs Privatarchiv ersteigert. Was bitte macht der nur damit? Anschauen? Anbeten? Ablecken? Ablösen? Oder damit am Ende sogar eine der skurrilsten Anmach-Touren der Menschheit befeuern? Nach dem Motto: "Möchten Sie mal meine Briefmarkensammlung sehen...?"


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