Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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1. Dezember 1955 Rosa Parks weigert sich, ihren Sitzplatz im Bus zu räumen

Rosa Parks wurde verhaftet, weil sie sich weigerte, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen. Die Festnahme löste den Busboykott von Montgomery aus, der als einer der Anfänge der schwarzen Bürgerrechtsbewegung gilt, die das Ende der sogenannten Jim-Crow-Gesetze herbeiführte. Autorin: Ulrike Rückert

Stand: 01.12.2022 | Archiv

01 Dezember

Donnerstag, 01. Dezember 2022

Autor(in): Ulrike Rückert

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Rosa Parks hatte es einfach satt. Sie war auf dem Heimweg von der Arbeit, der Bus war voll, aber sie hatte einen Sitzplatz ergattert, in der ersten Reihe des Bereichs für Afroamerikaner. Dann stiegen noch Weiße zu und mussten stehen. Der Fahrer sagte Rosa Parks und ihren Sitznachbarn, sie sollten ihre Plätze freimachen. Das verlangten nicht einmal die Rassengesetze von Alabama oder die städtischen Verordnungen von Montgomery. Die Busfahrer, die bewaffnet und allesamt weiß waren, schikanierten Afroamerikaner nach Belieben.

Rebellion ...

Rosa Parks blieb sitzen. Der Fahrer rief die Polizei. Zwei Beamte verhafteten sie und brachten sie ins Gefängnis. Ein Freund bezahlte die Kaution und holte sie ab. Es war nicht das erste Mal, dass Rosa Parks einem Busfahrer trotzte, und sie war auch nicht die einzige. Doch ihre Rebellion am 1. Dezember 1955 löste eine Bewegung aus, die Amerika veränderte.

Die Bürgerrechtsorganisation National Association for the Advancement of Colored People – kurz NAACP - bekämpfte die Diskriminierung von Afroamerikanern auf dem Gerichtsweg. Im Jahr zuvor hatte sie einen großen Sieg errungen, als das Oberste Bundesgericht die Rassentrennung in Schulen für verfassungswidrig erklärte. In Alabama hatte die NAACP nun die öffentlichen Verkehrsmittel ins Auge gefasst und wartete auf einen geeigneten Fall für einen Musterprozess.

Rosa Parks war die ideale Kandidatin: respektabel, sympathisch, standfest und selbst ein aktives Mitglied der NAACP. Sie war bereit, durch alle Instanzen zu gehen. Vier Tage nach ihrer Verhaftung verurteilte das Gericht sie zu einer Geldstrafe.

... und Boykott

An diesem Tag waren die Busse in Montgomery recht leer. Bürgerrechtlerinnen hatten zum Boykott aufgerufen. Drei Viertel der Busbenutzer in Montgomery waren schwarz, und sie machten fast alle mit. Abends fand eine große Versammlung statt, auf der ein bislang unbekannter junger Pastor eine mitreißende Rede hielt: Martin Luther King. Die Menge beschloss, den Boykott fortzusetzen. Die Boykottierer forderten nur eine höfliche und faire Behandlung der schwarzen Fahrgäste, doch die Stadt Montgomery und die Busgesellschaft verweigerten jedes Zugeständnis.

Helfer organisierten einen täglichen Fahrdienst für Tausende, und viele gingen zu Fuß - Woche um Woche. Die Polizei überhäufte die Fahrer mit Strafzetteln, einhundertfünfzehn Afroamerikaner gleichzeitig wurden wegen Anstiftung zum Boykott angeklagt. Drohbriefe, Telefonterror und Bombenanschläge drangsalierten die Organisatoren.

Inzwischen war Rosa Parks’ Fall in der Berufung abgewiesen worden, woraufhin vier andere Frauen Stadt und Busgesellschaft verklagt hatten. Im Juni gab das Gericht ihnen recht, und nun legte die Stadt Berufung ein. Im November urteilte das Oberste Bundesgericht einstimmig: Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln ist verfassungswidrig. Vier Wochen später war das Urteil rechtskräftig.

Am folgenden Tag endete die Rassentrennung in den Bussen von Montgomery und nach mehr als einem Jahr auch der Boykott. Die große Bürgerrechtsbewegung hatte gerade erst begonnen.


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