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6. Juni 1907 Persil wird erstmals angeboten

Am 6. Juni 1907 erschien im Düsseldorfer Stadtanzeiger die erste Anzeige für Persil. Heute ist es das meistverkaufte Waschmittel Deutschlands. Autorin: Brigitte Kohn

Stand: 06.06.2018 | Archiv

06 Juni

Mittwoch, 06. Juni 2018

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Als die Firma Henkel am 6. Juni 1907 in Zeitungsannoncen "das erste selbsttätige Waschmittel der Welt" anpries, klang das ein bisschen nach Wunder und Erlösung. Wäschewaschen erledigte sich damals absolut nicht von alleine, sondern war sehr kräftezehrend. Man hatte nichts als Seife oder Buchenholzasche und musste unter Einsatz höchster Muskelkraft stundenlang stampfen, rubbeln, schrubben und wringen.

Mühelos

Und mit Persil sollte das nun anders werden. Persil war das erste moderne Waschmittel überhaupt und chemisch so zusammengesetzt, dass während des Waschvorgangs Sauerstoff freigesetzt wurde. "Mit Persil erzielt man mühelos ohne Bleichen, ohne Reiben nach einmaligem Kochen eine reine, blendend weiße Wäsche unter Garantie absoluter Unschädlichkeit, selbst bei falscher Anwendung", stand auf der Packung.

Mühelos ist übertrieben, wenn man erfahrenen Waschfrauen glauben darf, die ihre Erinnerungen später mit Alltagshistorikern teilten. Die Wäsche war damals viel schmutziger, die Ansprüche an Sauberkeit geringer als heute, man wechselte die Kleidung seltener, einmal wöchentlich im Schnitt. Sehr wohl musste da gerubbelt werden, und wie, mit oder ohne Persil. Und bevor die Waschmaschine nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Siegeszug durch die Haushalte antrat, veränderten sich die Waschroutinen trotz Persil nur langsam.

Vor der Jahrhundertwende legte man zwei- bis viermal im Jahr einen Waschtag ein, öfter nicht. Man brauchte viel Wäsche, um die Monate dazwischen zu überbrücken, und je schöner und hochwertiger sie war, desto besser. Denn die Wäsche hing ja dann auf der Leine, flatterte im Wind und erzählte den Nachbarn und Zaungästen, was für eine Aussteuer die Hausfrau mal mitbekommen hatte und ob sich der Haushalt was leisten konnte oder nicht.

Aber das beginnende 20. Jahrhundert brachte völlig neue Herausforderungen mit sich. Erstens: neue wissenschaftliche Erkenntnisse in Sachen Hygiene. Experten rieten davon ab, Schmutzwäsche monatelang zu lagern. Zweitens: weniger Hauspersonal. Das war für viele zu teuer geworden und arbeitete sowieso viel lieber in den Fabriken, die im Zeitalter der Industrialisierung überall ihre Pforten öffneten.

"Da weiß man, was man hat"

Bei den Hausfrauen rannte die Firma Henkel mit Persil also offene Türen ein. Nicht nur mit dem Waschmittel an sich, sondern vor allem mit den Versprechungen, die von den versiertesten Werbestrategen jener Tage perfekt in Szene gesetzt wurden.

Die steckten Gruppen von Männern in weiße Anzüge und ließen sie mit weißen Sonnenschirmen durch die Straßen flanieren. Oder sie druckten Plakate, von denen weißgekleidete Damen lächelten und winkten. Kein Wunder also, dass die Ansprüche der Menschen in Sachen Sauberkeit sprunghaft anstiegen. Heute verbringen wir, haben Experten errechnet, mindestens genauso viel Zeit mit Wäschepflege wie unsere Vorfahren – obwohl wir Waschmaschinen haben.


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