Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. März 1811 Napoleon Bonaparte ordnet Zuckerrübenanbau an

Das süße Leben erreicht man auf die bittere Tour – denkt zumindest Napoleon und greift durch: Wenn den Franzosen der Zugang zu Zuckerrohr verwehrt ist, dann müssen eben alle ran in Sachen Rüben. Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 25.03.2019 | Archiv

25 März

Montag, 25. März 2019

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Die Mama war sein großes Vorbild! Damals, als der kleine Napoleon noch richtig klein war. Der Papa dagegen… ein genusssüchtiger Opportunist! Die Mama war es, die dem späteren Kaiser der Franzosen Disziplin und Willensstärke beibrachte. Dafür liebte Napoleon sie und schwärmte später, dass ihn die Mama oft ohne Abendessen ins Bett geschickt hatte. Einfach so. Damit er lernte, zu verzichten und zu erdulden.

Kein Betthupferl für Napoleon

Wo andere verhätschelte Kinder noch ein süßes Betthupferl obendrein kriegen, erfuhr Napoleon, dass man hart mit sich selbst sein musste, wenn man etwas Großes erreichen wollte. Etwas, das süßer war als Kandiszuckerstückchen: Ruhm und Macht!

Jahre später, als erwachsener Mann, stand er auf dem Gipfel dieser Macht und hatte fast ganz Europa seinem Willen unterworfen. Doch ein Land fehlte: Großbritannien war sozusagen das Betthupferl, welches dem gierigen kleinen Napoleon konsequent verwehrt blieb. Aber, Mamas Erziehung sei Dank, er besaß ja Durchhaltevermögen und Entschlossenheit. Napoleon verhängte die sogenannte Kontinentalsperre, ein Handelsembargo, um die Briten wirtschaftlich auszuhungern. Hunger hatten jedoch bald vor allem die Bewohner der napoleonischen Gebiete – und zwar nach Zucker. Der kam nämlich aus den Kolonien über England nach Europa. Seine Herstellung war alles andere als ein Zuckerschlecken, sondern ging einher mit Sklavenhandel und grausamster Menschenausbeutung. Der europäischen Oberschicht, die sich dank dieses Systems bisher das Leben so herrlich versüßt hatte, kam es jetzt hart an, so ganz ohne Kolonialzucker…

Doch zum Glück gab es für das Zuckerrohr einen heimischen Ersatz: Die Runkelrübe. Bereits 1747 hatte ein preußischer Wissenschaftler entdeckt, dass Runkelrüben genau den gleichen Zucker enthalten, wie das exotische Zuckerrohr. Nur leider viel weniger davon, weshalb man begann, stärker zuckerhaltige Sorten heraus zu züchten. Mit Erfolg. In Schlesien entstand die erste Zuckerrübenfabrik. Eine Konkurrenz für den Kolonialzucker war das freilich noch nicht.

Das Comeback der Runkelrübe

Dazu brauchte es Napoleon, der am 25. März 1811 offiziell den Zuckerrübenanbau und die Errichtung von Fabriken anordnete und hoch subventionierte. Der Rübenanbau florierte jedoch nur so lange, wie die Kontinentalsperre gegen die Briten bestand. 1813 ging man in Europa wieder zum britisch importierten Rohrzucker über. Napoleons Tage der süßen Macht waren da bekanntlich schon gezählt. Seine einsame Verbannung auf die unwirtliche Vulkaninsel St. Helena – wahrlich kein Zuckerschlecken! Doch während es für Napoleon kein Comeback mehr geben sollte, hatte die Runkelrübe ihre große Zeit erst noch vor sich. Denn Mitte des 19. Jahrhunderts nahm man in Europa ihren intensiven Anbau und ihre Weiterzucht wieder auf. Aus der Runkelrübe wurde die sehr viel süßere Zuckerrübe. Heute kommt 90 Prozent des europäischen Zuckers aus heimischem Rübenanbau. Gummibärchen, Schokohäschen, Bonbons… Gesund ist das alles freilich nicht! Das hätte Napoleons Mama sicher auch gesagt.


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