Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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14. April 1917 Ludwig Zamenhof gestorben, Esperanto-Erfinder

Ludwig Zamenhof: sein Spitzname war Doktoro Esperanto. Er begründete 1887 unter dem Pseudonym die Plansprache Esperanto. Autor: Xaver Frühbeis

Stand: 14.04.2021 | Archiv

14 April

Mittwoch, 14. April 2021

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Bialystok. Ein Städtchen in Russisch-Polen. "Man hatte mich gelehrt," schreibt Ludwig Zamenhof, der Sohn eines jüdischen Fremdsprachenlehrers, "dass der Mensch des Menschen Bruder sei. Hier aber, auf der Straße, bei jedem Schritt gab mir alles das Gefühl, dass es "den" Menschen gar nicht gibt. Es gab nur Russen, Deutsche, Polen, Juden." Die Kinder bewarfen einander mit Steinen, den Juden rief man "Knoblauchkopf!" nach, Polen wurden von russischen Soldaten auf offener Straße verfolgt und misshandelt. Woher dieser Hass, fragte sich der kleine Zamenhof, und seine Antwort war: Das ist, weil sie des Anderen Sprache nicht verstehen. Und, dachte das Kind: wenn ich mal erwachsen bin, will ich das ändern.

Eine neue Sprache

Als Ludwig Zamenhof neunzehn ist, hat er die Grundsteine zu einer neuen Kunstsprache gelegt. Während er Medizin studiert, ändert er und verbessert. Versucht sich an Gedichten, übersetzt Bibeltexte. Schließlich ist die neue Sprache fertig. Und Zamenhof sehr zufrieden. Das Wichtigste ist ihre Einfachheit. Ein einziger Artikel bloß. "La". Für jedes Geschlecht, ob Einzahl oder Mehrzahl, egal welcher Fall: "La". Die Hauptwörter enden alle auf "-o". - "La kapo", der Kopf. Meint man mehrere, kommt ein "Jott" hinten dran. "La kapoj", die Köpfe. Die Eigenschaftswörter enden auf "-a". "Ronda" ist rund. "La kapo ronda", der runde Kopf. Das Wörterbuch für seine Sprache hat Zamenhof aus verschiedenen europäischen Sprachen zusammengeklaubt. Vieles stammt aus dem Deutschen. "Taso", "telero", "kafoklao". Noch mehr ist romanischen Ursprungs. "Tempo", "perfekta", "amiko".

Hoffnung

Im Sommer 1887 heiratet Zamenhof seine "amiko": Klara Zilbernik, die Tochter eines Seifenfabrikanten. Im selben Jahr bringt er, finanziert aus der Mitgift seiner Frau, ein kleines Lehrbuch auf den Markt, ohne jedoch seinen Namen zu nennen, er befürchtet Schaden für seine Praxis. Sein Pseudonym ist: "Doktoro Esperanto - Der hoffende Arzt". Und dieses Wort der Hoffnung - "Esperanto" - wird bald schon zum Namen der Sprache selbst. Denn: das Buch ist ein Erfolg. Überall auf der Welt findet die Idee hoffnungsbereite Anhänger. Zamenhof wird zum Ritter der Französischen Ehrenlegion ernannt, der spanische König verleiht ihm einen Orden. 1905: ein erster Esperanto-Weltkongress, drei Jahre drauf gründet sich der Esperanto-Weltbund, beide sind Eckpfeiler in Zamenhofs Leben, die Erfüllung eines großen Traums. Dann jedoch werden seine Hoffnungen jäh zerstört.

Anfang August 1914, Zamenhof ist auf der Reise nach Paris, zum 10. Esperanto-Weltkongress, erklärt das Deutsche Reich Russland den Krieg. In Köln wird Zamenhof als Landesfeind festgesetzt. Die Fahrt nach Hause gestaltet sich schwierig, sie geht über Dänemark, Schweden und Finnland zurück ins umkämpfte Warschau. Fast überall in Europa werden Esperantisten verhaftet, man sieht in ihnen Weltbürger und Spione. Junge Esperantisten fallen als Soldaten im Krieg. Dieser betrübliche Lauf der Welt ist zu viel für den überarbeiteten und zeitlebens kränkelnden Zamenhof. Sein altes Herzleiden bricht wieder aus, kaum, dass er noch gehen kann.

Sein letztes Projekt, den Entwurf einer weltumfassenden künstlichen Religion, kann er nicht mehr realisieren. Am 14. April 1917 stirbt Ludwig Zamenhof an seinem Herzleiden. Esperanto jedoch - lebt weiter. Und bis heute haben die Esperantisten in aller Welt ihre Hoffnung nicht aufgegeben.


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