Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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12. Juli 1953 Loriots "Auf den Hund gekommen" erscheint zum letzten Mal

Als Karikaturist bekam Loriot seinen ersten großen Auftrag im Magazin "Der Stern". Aber schon nach sieben Folgen gab es so starke Leserproteste, dass die Serie "Auf den Hund gekommen" eingestellt wurde. Die Idee war damit nicht gestorben. Jahre später legte Loriot sie neu auf. Erfolgreich! Autorin: Anja Mösing

Stand: 12.07.2021 | Archiv

12 Juli

Montag, 12. Juli 2021

Autor(in): Anja Mösing

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach / Susi Weichselbaumer

Vielleicht war es einfach so: Der elegante Mann, der später ganz klar zu den beliebtesten Deutschen zählte, wirkte anfangs irgendwie… unbequem?

Aber er war halt jung: Knapp 30 – damals, im Jahr 1953, als wütende Leserbriefe seine Karriere fast beendet hätten, bevor sie richtig begann.

 

Es war die Zeit des Wirtschaftswunders, das auch in Hamburg richtig Fahrt aufnahm. Aber Wohnungen, die waren immer noch knapp. Zimmer wurden zugeteilt! Das führte über Jahre zu unfreiwilligen und kuriosen Wohn-Gemeinschaften in alten, geräumigen Villen. In so einer lebte auch der junge Vicco von Bülow mit seiner Frau Romi: Ganz oben unterm Dach, wo es kalt und zugig war. Wohnverhältnisse waren ein heißes Thema!

Eng und kalt

Für eine Karikatur über seine eigenen, beengten Wohnverhältnisse hatte von Bülow schon vier Jahre zuvor, als frisch gebackener Absolvent der Landeskunstschule, zum allerersten Mal sein Pseudonym benutzt: LORIOT. Seinen richtigen Namen, den wollte er angeblich nicht aufs Blatt schreiben. Schließlich hatte er Malerei und Grafik studiert!

Aber mit irgendetwas musste er sein Geld verdienen. Zeitschriften waren für Menschen wie ihn willkommene Auftraggeber. Beim jungen Magazin "Der Stern" suchte man jemanden, der für die Humor-Seiten zeichnen konnte.

Vicco von Bülow konnte das.

Punkt, Punkt, Komma, Strich

Mit leichtem Strich zeichnete er Männchen mit schwarzem Melonenhut, in gestreiften Hosen und dunkler Jacke: dem Stresemann. Ein Anzug, der auch in den 50er Jahren schon altmodisch war. Aber knollnasige Männer im Stresemann wurden schnell zu LORIOTS Markenzeichen.

Blöd nur, dass seine Karikaturen-Serie "Auf den Hund gekommen" bei allerhand Leserinnen und Lesern schlecht ankam. LORIOT zeichnete für die Serie typische Situationen mit Menschen und Hunden. Nur waren die Hunde riesengroß und gingen aufrecht auf zwei Beinen. Während die Männchen im Stresemann klein waren und von den Hunden an der Leine geführt wurden. Eigentlich richtig witzig, diese Umkehrung: Stinknormale Situationen wurden im Nu komisch!

Zum Beispiel die Hundedame im Strandkorb: Vor ihr spielt ein kleiner Mann mit Melone im Sand, und ein anderer Hund spricht die Hundedame streng darauf an, dass ihr Verhalten nicht ginge, sie solle sich vorstellen, jeder brächte seinen Menschen mit an den Strand!

Von beschämend scheußlich, bis zu geschmacklos und den Homo Sapiens als Ganzes herabsetzend gingen die Beschimpfungen in der wütenden Leserpost. Schließlich setzte Chefredakteur Henri Nannen die Serie im Stern nach sieben Ausgaben ab: Am 12. Juli 1953 erschien "Auf den Hund gekommen" zum letzten Mal.

Vielleicht war die Zeit einfach noch nicht reif für diese Art von Selbstironie?

Noch acht Jahre zuvor geisterte schließlich diese fixe Idee durch allzu viele deutsche Köpfe, Deutsche gehörten per se zu einer Herrenrasse.

Schallend über sich selbst zu lachen, das hat LORIOT der ganzen Fernsehnation später spielend beigebracht. "Auf den Hund gekommen" war da längst ein erfolgreiches Buch mit Millionenauflage geworden. Und gewohnt haben Romi und Vicco da schon in einem großen Haus im sonnigen Bayern.


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