Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. Juni 1999 "Lola rennt" erhält acht Auszeichnungen beim Deutschen Filmpreis

"Lola rennt", ein Actionthriller von Tom Tykwer aus dem Jahr 1998 mit Franka Potente in der Titelrolle. Dreimal dieselbe Zeitspanne von zwanzig Minuten mit jeweils völlig anderen Ausgang. Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 18.06.2019 | Archiv

18 Juni

Dienstag, 18. Juni 2019

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Seine allerersten Filme hatte Tom Tykwer auf einer Super 8 Kamera gedreht. Da war er 11. Mit 13 kam dann der Job als Filmvorführer im Kino. Und anfangs sah es so aus, als ob Tom Tykwer für immer Filmvorführer bleiben würde.

Ein Film am Nerv der Zeit

Keine einzige Filmhochschule wollte ihn haben. Egal! Mitte der 80er zog er in seine Sehnsuchtsstadt Berlin, hielt sich weiter als Filmvorführer über Wasser und drehte mit großer Verve seine ersten Flops.

Bis Lola kam. Eine geniale  Montage aus Tempo, Orts- und Zeitsprüngen. Dreimal dieselbe Geschichte, mit unterschiedlichem Verlauf. Lola muss 100.000 Mark auftreiben, damit ihr Freund Manni nicht von seinem Ganovenchef fertig gemacht wird.

Eine Sehnsuchtsstadt aus grauen Baustellen. Trist und abgewrackt und gleichzeitig voller Hoffnung auf die Zukunft. All das verpackt in Musikvideoclip-Ästhetik. Tom Tykwer hatte den Nerv der späten 90er getroffen. "Lola rennt" wurde international ein riesiger Erfolg. Die Nominierung für den Oscar blieb zwar am Ende aus, dafür gab es am 18. Juni 1999 beim deutschen Filmpreis gleich acht Auszeichnungen. Einer davon war der Publikumspreis für die "fehlbesetzte" Hauptdarstellerin Franka Potente.

Actionheldin in Doc Martens

Fehlbesetzt deshalb, weil Potente, laut Regisseur Tykwer, eher unsportlich war. Nicht die typische Actionheldin, die im hautengen Catsuit, ausgestattet mit Gazellen-Beinen und Atombusen, Leben rettet. Franka Potentes Lola hatte kleine Brüste, die im labbrigen Tanktop panisch durch Berlin hopsten und ein in mintgrüner Hose eher unvorteilhaft verpacktes Hinterteil, das sich resolut seinen Weg durch die Hauptstadt bahnte.

Lola war echt. Und das Publikum liebte sie dafür. Weltweit. Nur nicht in Frankreich. Da fand man den Videoclipstil  banal und Lola in ihren klobigen Doc Martens vermutlich zu teutonisch. Heute ist der einst so moderne Film ein Stück Zeitgeschichte. Ein nostalgischer Blick auf ein noch im Umbruch befindliches Berlin, in dem es möglich war, vom Filmvorführer zum Starrregisseur zu werden - und auf ein Leben ohne Internet und Smartphone.

Denn mit Letzterem hätte Lola sich so manche Rennerei gleich sparen können.


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