Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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6. August 1893 Kanal von Korinth eingeweiht

Der Kanal von Korinth trennt die Peloponnes vom griechischen Festland. Herrscher aller Couleur haben im Lauf der Jahrtausende versucht, die schmale Verbindung zwischen dem griechischen Festland und dem Peloponnes zu kappen. Vergeblich. Der große Gewinner am 6.August 1893 hieß dann Georg I.

Stand: 06.08.2021 12:00 Uhr | Archiv

06 August

Freitag, 06. August 2021

Autor(in): Ulrike Rückert

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Große Bauprojekte brauchen manchmal etwas länger – der Kölner Dom zum Beispiel oder der Berliner Flughafen. Beim Kanal von Korinth waren es zweieinhalbtausend Jahre.

Durch den Isthmus von Korinth, die Landenge zwischen der Peloponnes und dem Festland, wollten schon die alten Griechen einen Kanal graben. Nur sechs Kilometer breit ist die Landbrücke an der schmalsten Stelle, aber sie blockierte die Verbindung zwischen dem Ionischen Meer und der Ägäis und zwang die Schiffer, den weiten, gefährlichen Weg um die stürmische Spitze der Halbinsel zu nehmen. Periander, Herrscher von Korinth, soll um 600 vor Christi Geburt als Erster auf die Idee gekommen sein, den Isthmus zu zerschneiden. Doch die Ingenieurskünste der Hellenen waren der Felsenbarriere nicht gewachsen. Stattdessen zerrten sie ihre Frachtboote und Kriegsflotten über den Höhenrücken.

Nero macht einen Spatenstich…

Dann kamen die Römer. Kaiser Caligula gab ein Gutachten in Auftrag, das so entmutigend ausfiel, dass er seinen Kanalbauplan gleich wieder aufgab. Nero, etwas später, ließ sich von Unkenrufen nicht stören. Mit einer goldenen Schippe machte er im Jahr 67 höchstpersönlich den ersten Spatenstich, dann kommandierte er sechstausend Zwangsarbeiter zum Graben ab. Sie hatten sich einige hundert Meter weit in den Kalkstein gewühlt, als ein Aufstand gegen Nero ausbrach und sich der Kaiser selbst entleibte. Der Bau wurde eingestellt.

Rund sechzehnhundert Jahre später eroberten die Venezianer die Peloponnes von den Osmanen. Ein Kanal hätte den Weg zu den Levantehäfen verkürzt, aber bevor die Sache konkret wurde, hatten ihnen die Türken die Beute schon wieder abgeknöpft.

Das war noch nicht alles: Als Griechenland 1830 seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich erkämpft hatte, schrieb sich der erste Präsident sofort den Kanalbau auf die Fahne. Aber als die Kostenkalkulation vorlag, verschwand das Projekt in der Schublade. Jahre gingen dahin, unterdessen erfand Alfred Nobel das Dynamit und Ferdinand de Lesseps baute den Suezkanal. Da packte die Griechen wieder der Ehrgeiz. Nach einigen Fehlstarts nahm der ungarische Glücksritter und Exrevolutionär Istvan Türr die Sache in die Hand.

Das Timing war perfekt. Die Welt war im Kanalfieber. Der Suezkanal hatte sich als Goldgrube entpuppt, der Panamakanal war im Bau, Ferdinand de Lesseps lieh Türr seinen guten Namen, und die Aktien wurden ihm aus den Händen gerissen. Im April 1882 tat König Georg I. den feierlichen ersten Spatenstich. In fünf Jahren, hieß es, würden hier die größten Dampfer der Welt passieren.

… 1800 Jahre später ist Einweihung

Es wurden dann elf Jahre daraus, Türrs Firma ging dabei pleite, aber am 6. August 1893 war der große Tag gekommen. Jubelscharen drängten sich an beiden Mündungen, und eine ganze Flotte mit flatternden Fahnen und Wimpeln, die royale Familie, Diplomaten und Honoratioren an Bord, dampfte durch die künstliche Schlucht, deren Wände fast senkrecht an die achtzig Meter hoch aufragen.

Zum Glück passierte nichts. Denn Felsabbrüche von den Wänden drohten, weshalb man den Kanal erst drei Monate später für den Schiffsverkehr freigab - als schnelle Passage zwischen Ost- und Westküste Griechenlands, zwischen den Adriahäfen auf der einen und Athen, Konstantinopel und dem Schwarzen Meer auf der anderen Seite. Aber die hochgespannten Hoffnungen auf Profit erfüllten sich nie. Und heute ist der Kanal, acht Meter tief und fünfundzwanzig Meter breit, nur noch eine Attraktion für die Touristen.


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