Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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10. März 1842 Uraufführung "Einen Jux will er sich machen"

Einmal ein "verfluchter Kerl" sein! Davon träumt der Gemischtwarenhändler Weinberl in Johann Nestroys Stück "Einen Jux will er sich machen", das am 10. März 1842 uraufgeführt wurde. Aber ein "verfluchter Kerl sein" ist schwer, wie der Autor selber wusste.

Stand: 10.03.2010 | Archiv

10 März

Donnerstag, 10. März 2011

Autorin: Brigitte Reimer

Redaktion: Thomas Morawetz

"Nein, was in den Stückeln Onkel und Tanten sterben müssen, bloß damit alles gut ausgeht"

Johann Nestroy, Einen Jux will er sich machen

Heißt es am Ende von Johann Nestroys "Einen Jux will er sich machen." Wobei es durchaus die Frage ist, ob das Stück gut ausgeht. Die Tante stirbt, die Liebenden können heiraten. Aber ist das ein "Happy End"? Schließlich ist von Nestroy der Satz überliefert:

"Die Liebe ist ein Traum, die Ehe ist ein Geschäft."

Johann Nestroy

Nestroy kannte sich aus - er war selbst einmal verheiratet. Nach nur 4 Jahren hat ihn allerdings die Gattin verlassen - "eines mit einem damals in Graz befindlichen Grafen Batthiany unterhaltenen Liebesverhältnisses" wegen, wie Wilhelmine Nestroy in der Scheidungserklärung zugibt. Für manche Biographen ist das der Anfang der nicht immer ganz objektiven Behandlung der Frauen in Nestroys Stücken. Das Scheitern seiner romantischen Jugendliebe habe nicht nur sein Verhältnis zum anderen Geschlecht geprägt, sondern auch seine Stücke beeinflusst, meinen sie, ihn zynisch werden lassen und bitter gemacht, mit einem untrüglichen Blick für alles, was nicht passt. Wortwitz, Ironie, "eine böse Zunge und ein weiches Herz", wie es ein Kollege vom Wiener Carl-Theater formuliert hat, der sich so seine Gedanken macht:

"Er stand unter dem strengsten Pantoffelregimente, darin ausharrend bis zum Ende seines Lebens, während ein rascher Entschluss die klirrenden Ketten gesprengt hätte."

Johann Nestroy, Einen Jux will er sich machen

Unter dem "Pantoffelregimente" der Marie Weiler, die Nestroy nur "die Frau" nennt. Er hat zwei Kinder mit ihr, die er auch anerkennt, aber heiraten tut er sie nicht. Treu ist er ihr auch nicht. Zeit seines Lebens schwankt er zwischen einem soliden bürgerlichen Leben als Ehemann und Familienvater und - wie das damals hieß - "galanten" Abenteuern. Auf die reagiert Marie mit rasender Eifersucht. "Für seine geheimen Plaisirs" lässt sich Nestroy gern ein kleines Extrakonto anlegen, denn zuhause muss er über die Verwendung eines jeden Gulden Rechenschaft ablegen - Marie kümmert sich um die Finanzen und tut das so erfolgreich, dass sich eine gewisse "Wohlhabenheit" einstellt. Nestroy weiß also, wovon er erzählt, wenn er die Verlogenheit des bürgerlichen Ehelebens in immer neuen Variationen schildert. Nicht sein einziges Thema, aber ein gern verwendetes. Was Nestroys Stücke zeitlos und weltweit verständlich macht.

Stücke wie "Einen Jux will er sich machen", das am 10. März 1842 in Wien erstmals aufgeführt wurde, und auch heute - nicht nur in Wien - auf dem Spielplan steht. Ein Stück mit einer - ja, sagen wir es ruhig - "klassischen" Ausgangslage: Da plant einer den Ausbruch aus dem Alltag, erschreckt durch die plötzliche Beförderung vom einfachen Verkäufer zum Teilhaber einer Gemischtwarenhandlung. Keinen Ausbruch für immer, nein, nur kurz, ein, zwei Tage. Schließlich kann man den Laden ja nicht zu lange zusperren. Das Geschäft! Aber weiter leben wie immer, und sich später an nichts erinnern können, als an verkaufte Waren und Kunden? Das ist zu wenig. Weinberl, so heißt der Verkäufer im Stück - eine der Rollen, die sich Nestroy auf den Leib geschrieben hat - will einmal ein "verfluchter Kerl" sein. Damit er später erzählen kann, von seinen Erlebnissen als "verfluchter Kerl". Doch - der Ausbruch misslingt: Am Ende steht die Erkenntnis:

"Die ganze Ausbeute von dem Glück, ein verfluchter Kerl zu sein, besteht darin, dass ich um keinen Preis mehr ein verfluchter Kerl sein möchte."

Johann Nestroy, Einen Jux will er sich machen

Die ganze Ausbeute des Ausflugs allerdings ist das nicht - denn da ist ja noch eine Gattin, die Witwe Fischer, die bereit ist, der vorgetäuschten Romanze eine echte Hochzeit folgen zu lassen. Das zweite Paar, das am Ende des Stückes heiratet. Aber - um noch einmal Nestroy zu zitieren:

"An Scheidungsgründen fehlt es nie, wenn nur der gute Wille da ist."

Johann Nestroy, Einen Jux will er sich machen


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