Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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23. Mai 1376 In Florenz wird das Kartenspiel verboten

Dass sich einige nicht in die Karten schauen lassen, stört andere. Oder dass einige laut auftrumpfen - Nicht-Kartenspiel-Freunde verlangen schon im alten Florenz ein Verbot der Kartlerei. Autor: Martin Trauner

Stand: 23.05.2018 | Archiv

23 Mai

Mittwoch, 23. Mai 2018

Autor(in): Martin Trauner

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Wundern brauchst du dich nicht. Wenn einer sagt: "Du bist dumm wie die Schellnsau" - Nur, weil man halt so lapidar gefragt hat, wer denn gibt. -  Ja. wer gibt denn eigentlich? - "Immer der, der so blöd fragt."  Und dann: "I spui mit da Bums"... "Bums", so viel für Nichteingeweihte, das ist die "Schellnsau". - Und ganz am Schluss: "der Sack ist zua" - Nein, da brauchst du dich nun wirklich nicht wundern, dass manche Wirte das uralte bayerische Kartenspiel "Schafkopf" nicht mehr in ihren Gaststuberln gestatterln wollen, mit ihren Speisekarterln und Schweinsabraterln. Denn sie empfinden die Sprüche von Kartlern nicht unbedingt  als onomatopoetisches Klangkunstwerk bayerischer Mundarten, sondern schlichtweg als akustisch derbe Belästigung anderer Gäste. Also: Her mit einem Kartlerverbot! - Verbot?! -  Ein Verbot!!! - Skandal!! So was gab's doch noch nie.

Die Kuchelbauerzenz

Doch. Gab es schon. Zum Beispiel im Jahr 1376 in Florenz. Da beschlossen die Stadtoberen, das Kartenspiel "Naibbe" zu verbieten. Warum das so etwas Besonderes ist? - Nun ja. Erstens sind sich die Kartologen nicht so ganz einig, ob sich das Verbot am 23. Mai oder am 23. März 1376 zugetragen haben könnte. Doch das nur ganz am Rande. Ein wenig wichtiger ist, dass man heutzutage keine Ahnung mehr hat, um was es sich bei "Naibbe" überhaupt handelt. - Ein Kartenspiel. Ja. So viel steht fest. Mehr weiß man aber nun auch wirklich nicht. - Am wichtigsten aber ist: Das Florentiner Verdikt ist nicht nur das erste Verbot eines Kartenspiels im Abendland, sondern es ist der erste Hinweis generell, dass im christlichen Abendland überhaupt gekartelt wurde.

Die Runde

Und das Kartenspielen tritt fortan, trotz der dann immer mehr ausgesprochenen Verbote, seinen Siegeszug unter den Glücksspielen an. Nun geißelt der Pfarrer von der Predigtkanzel nicht nur das gotteslästerliche Würfeln und Kegeln, nun entdeckt er den Belzebub auch in den Spielkarten.

Kein Wunder, wenn man sich die Motive auf den Karten anschaut: Kaiser und Kaiserin werden da, nicht immer vorteilhaft, abgebildet. Oder auch Papst und Päpstin. Und das schlimmste: die natürliche Ordnung der Stände wird durcheinander gewirbelt. Der Barockprediger Abraham a Santa Clara beschimpft das Kartenspiel als säuisches Spiel. Vier Säue, die "Eichel-sau, die Herz-sau, die Gras-sau und die Schelln-sau", die entdeckt er, allerhand aber auch, im Spiel. "Und weil die Säue mehr gelten als der König, ist das ein säuisches Spiel"...

Die Hundsgfi....

Ja, das ist es tatsächlich. Die "Sau" entscheidet all zu oft. Kein Wunder also, dass im uralten bayerischen Schafkopf die Säue die allermeisten und die allerliebevollsten Kosenamen haben: Die Schellnsau heißt da eben nicht nur die "Bums", sondern auch die "Runde", die "Kuchelbauerzenz", die "Geldsau", und ...

Und um diesen Sprachschatz auch in den Wirtshäusern heutzutage noch am Leben halten zu können, hatten die Skatspieler eine besonders pfiffige Idee: Sie ließen Skat im Jahr 2016 als immaterielles Weltkulturerbe von der UNESCO schützen.

"Auf a Herz g'hört a Schelln." Würde der Schafkopfer sagen...


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