Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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29. September 1650 Henry Robinson gründet das erste Eheanbahnungsinstitut

Den Partner fürs Leben finden – für so machen ist das bis heute eine Lebensaufgabe. Für andere schon vor über 300 Jahren eine Dienstleistung wie jede andere. Damals gründet Henry Robinson die erste Heiratsvermittlung. Um Liebe geht es dabei nicht, eher um Vermögenswerte. Autor: Sebastian Kirschner

Stand: 29.09.2021 | Archiv

29 Juli

Donnerstag, 29. Juli 2021

Autor(in): Sebastian Kirschner

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

(Kindersingsang) Verliebt, verlobt, verheiratet: Ein Kinderreim, so zärtlich wie ein Vorschlaghammer. Bei Pubertierenden schafft er es, über die ersten zarten Pflänzchen der Liebe zu trampeln wie eine Herde Elefanten. Und manchen Erwachsenen machen diese drei Worte schier fassungslos. Als hätten Liebe und Heiraten zwangsläufig etwas miteinander zu tun!

Für immer und ewig

Freilich, wohin wir heute schauen – die Liebe begegnet uns als das Gefühl der Gefühle. Dieses Kribbeln, diese Schmetterlinge im Bauch, sich die Wünsche von den Augen ablesen, sich blind verstehen, die gleichen Interessen teilen, gemeinsam in die gleiche Richtung schauen, Haus bauen, Kinder kriegen, miteinander alt werden. [Seufz] Wie schön! Nur: Wie sollen wir sicher sein, dass der momentane Partner, die Partnerin dafür auch der oder die richtige ist? Dass nicht irgendwo jemand anderes besser zu uns passt?

Drum prüfe…

Am besten, die Mühen der Partnersuche übernimmt ein Profi. Schließlich verliebt sich doch alle 11 Minuten ein Single online, sagt die Werbung! Das Procedere selbst läuft dann zwar recht lieblos ab: per Computer-Algorithmus und gegen gar nicht so romantisches Geld. Aber hey, der Zweck heiligt die Mittel. Es geht schließlich um die Liebe und den Partner fürs Leben!

Früher ging es da noch ehrlicher zu. Und Ehrlichkeit ist doch eigentlich die Basis für eine gute Beziehung. Dass Ehe etwas mit Liebe zu tun hatte – früher eher die Ausnahme. Da wurde um den Brautpreis gefeilscht und wert gelegt auf eine ordentliche Aussteuer.

Und wer überhaupt der rechte Partner ist, das bestimmte die Familie oder der Vormund. Nur: Suchen mussten diese halt selbst.

Insofern ist das, was Henry Robinson am 29. September 1650 in London einrichtet, nur konsequent: Er macht die Ehepartnersuche erstmals zum Geschäft. In der Threadneedle Street eröffnet der Kaufmann und Schriftsteller sein "Office of Addresses and Encounters". Dessen Aufgabe: Adressen vermitteln. Von Arbeitskräften, von Immobilien, zwischen Käufern und Verkäufern von Waren. Und: Für Heiratswillige arrangiert es Begegnungen, Encounters.

"Zu diesem Zweck", so schreibt Robinson in einem programmatischen Artikel über das Institut, "sollen besondere Verzeichnisse geführt werden, in die sich alle Personen eintragen mögen, die sich selbst oder Freunde auf die Ehe vorbereiten möchten." Einblick in die Adressen gibt es zum Preis von sechs Pence, für Arme gibt es den Service sogar kostenlos. 

Für Liebe oder dergleichen lässt Robinson bei solcher Eheanbahnung erst gar keinen Platz. Denn die Verzeichnisse sollen ihren Nutzern zudem zeigen, welche Begegnungen überhaupt möglich sind, "sowohl von Personen als auch von Anteilen". Gemeint sind Vermögensanteile, um sich eine gute Partie rauspicken zu können. Oder zumindest eine angemessene.

Was Henry Robinsons Institut liefert, ist echte, ehrliche Dienstleistung. Harte Fakten, die die heutigen online-Portale in Algorithmen verstecken und mit Romantik-PR weichspülen. Keine Liebe, kein Schnickschnack. Leider aber auch keinen Hinweis darauf, ob damit jemals eine glückliche Ehe zustande gekommen ist.


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