Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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29. März 1829 Grabbes "Don Juan und Faust" uraufgeführt

Christian Dietrich Grabbe nahm kein Blatt vor den Mund, trank Rum wie andere Wasser und brüskierte sogar seine Anhänger. "Don Juan und Faust" wurde als einziges seiner vielen Werke aufgeführt. Autorin: Justina Schreiber

Stand: 29.03.2019 | Archiv

29 März

Freitag, 29. März 2019

Autor(in): Justina Schreiber

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Nach jahrelangem Taumeln und Stolpern schien es jetzt bergauf zu gehen mit dem jungen Juristen, dessen große Passion das Theater war - neben dem Alkohol. Nicht nur, dass man Christian Dietrich Grabbe endlich eine hauptamtliche Stelle als Militärrichter im heimatlichen Detmold zugeschustert hatte. Kurz danach kam dort auch eins seiner Stücke zur Aufführung: "Don Juan und Faust". Am 29. März 1829 hob sich am Hochfürstlichen Lippischen Hoftheater zum ersten Mal der Vorhang für Grabbes zynische Version eines Zweikampfes zwischen den Ehrgeizlingen Don Juan und Doktor Faust.

Übelgelaunt, aufstrebend, besoffen

Ein Abend, den der 27-jährige Dichter gewiss in einem Besäufnis enden ließ. Dass die Trinkerei am nächsten Tag weiterging, ist jedenfalls überliefert. Im Rahmen einer Abendgesellschaft in seinem Haus soll der meist übelgelaunte, aufstrebende Dichter einem Adligen gedroht haben, ihn in die Hand zu beißen, wenn er sich nicht für seinen neuesten Tragödienentwurf interessiere. Anschließend versuchte er den fremden Gast Huckepack zu nehmen.

"Don Juan und Faust"  blieb das einzige Werk, das zu Lebzeiten Grabbes gezeigt wurde. Seine unkonventionellen dramaturgischen Konzepte überforderten die damaligen Bühnen. Zahllose Nebenrollen, schnelle Szenenwechsel. Wie soll man das bitte schön inszenieren? Dem Autor waren solche Fragen egal. Er fand genügend begeisterte Leser. Mancher reiste sogar eigens nach Detmold, um den berühmt-berüchtigten Vertreter des jungen Deutschlands zu sehen…und wurde brüskiert. Denn Grabbe nahm kein Blatt vor den Mund. Seine beißende Kritik war ebenso gefürchtet wie sein galliger Humor. So aß er einmal haufenweise rohe Zwiebeln, bevor er sich mit einigen Bewunderern zusammensetzte.

Erbarmungslos gekitzelt

Die originellsten Entgleisungen des trunksüchtigen Genies kursierten als Anekdoten. Grabbe becherte schon in der Früh, und zwar "aus vollem Bierglase Rum", so die übereinstimmenden Überlieferungen. Rum mit Zucker. Wie übrigens auch der Dorfschulmeister in seinem bekanntesten Stück, der Komödie mit dem extra verschraubten Titel "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung". Er soll Mäuse mit den Zähnen gefangen haben, Stühle zerbrochen und leere Flaschen an die Wand geknallt haben. Und seine Frau trotz aller Gegenwehr immer wieder erbarmungslos gekitzelt haben. Bis sie ihm davonlief. Die Berichte der Zeitgenossen über Grabbes auffälliges Verhalten füllen ein dickes Buch. Den einen galt der Sohn eines braven Detmolder Zuchthausverwalters als böse, ja sadistisch veranlagt, andere beklagten die Problematik seines zerrissenen Charakters, die sich in seinem "disharmonischen Äußeren" spiegelte.

Dass den Wegbereiter des dramatischen Realismus auch der Selbsthass peinigte, ist anzunehmen. Die bereits erwähnte Figur des Schulmeisters beschimpft am Ende des Stückes den eigenen Verfasser wüst: "Er ist so dumm wie `n Kuhfuß, hat verrenkte Beine, schielende Augen und ein fades Affengesicht!" Das drastische Gastspiel des Christian Dietrich Grabbe auf der Bühne des Lebens war denn auch nur von kurzer Dauer. Der Dichter starb im Alter von 34 Jahren an den Spätfolgen einer Syphilis.


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