Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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5. Mai 1922 Das erste Autoradio

Dauernd nur Rattern und Brummen, das hält auf langen Fahrten niemand aus, denkt sich George Frost. Hobbymäßig schraubt der Schüler schon länger an Radioapparaten herum. Warum sollte man so einen nicht in ein Auto verbauen? Damit ist das erste Autoradio in the road. Autor: Sebastian Kirschner

Stand: 05.05.2023 | Archiv

05 Mai

Freitag, 05. Mai 2023

Autor(in): Sebastian Kirschner

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Dieses ständige Knarzen! Schon wieder geht der Sender nicht vernünftig her. Hat in der Waschanlage vielleicht die Antenne was abbekommen? Egal, Augen wieder auf die Straße. Wenn doch nur der Verkehrsfunk reinginge! Oder zumindest ein wenig Musik. - Was man an ihm hat, merkt man eigentlich erst, wenn es fehlt: das Autoradio.

Mit 160 Kilometern pro Stunde über die Autobahn zischen und dabei die Rigoletto-Premiere an der Mailänder Scala hören? Mit Autoradio kein Problem. Die quengelnden Kinder auf dem Rücksitz ertragen, weil einen der Sportmoderator die Bundesliga live mitfiebern lässt? Check. Mit Verkehrsfunk den Stau umschiffen, bevor man selbst Teil davon ist? Auch das macht das Autoradio möglich.

Radio an!

Nur: Das war nicht immer so. Die ersten Jahrzehnte der Autogeschichte begleitet die Fahrer akustisch nur das monotone Rattern und Tuckern ihrer Gefährte. Doch im Jahr 1922 geschieht bei dem US-Amerikaner George Frost Unerhörtes. Frost ist gerade 18 Jahre alt und Präsident des Lane High School Radio Club in Chicago. Und findig wie der Schüler ist, verbaut er, so heißt es, am 5. Mai 1922 ein Kofferradio in seinen Ford Model T. Das Autoradio ist erfunden.

On the Road

Das Gerät entwickelt sich rasant. Schon 5 Jahre später gibt es in Amerika das erste serienmäßige Autoradio. Trotzdem ist bekanntlich aller Anfang schwer. Bei Rundfunkempfängern in Autos im wörtlichen Sinn:

Als Anfang der 1930er Jahre das Autoradio auch in Europa Einzug hält, da handelt es sich noch um ein 15 Kilo schweres Ungetüm. Weil das Gerät der Firma Ideal ein solcher Klotz ist, wird es im Fußraum des Beifahrers montiert.

Im Inneren steckt die seinerzeit übliche Radiotechnik. Sperrige Elektronenröhren, deren Stromverbrauch so manche Batterie im Fahrzeug in die Knie zwingt. Und die so empfindlich sind, dass jede kleine Erschütterung unweigerlich Teil des Hörerlebnisses wird.

Immerhin: Beim Modell Autosuper 5 kann der Fahrer Lautstärke und Sender mittels Seilzügen schon am Lenkrad fernbedienen. Luxus pur. Und der macht sich auch im Preis bemerkbar. Das Gerät kostet 465 Mark. Ein kleines Vermögen: Für den dreifachen Preis bekommt man damals schon ein ganzes Auto. Wohlgemerkt ohne Radio.

Der exorbitante Preis der ersten Autoradios - mit Sicherheit Wasser auf die Mühlen der Kritiker. Die fürchten ohnehin, die Apparate würden für mehr Unfälle sorgen, weil sie die Fahrer irritieren und vom Verkehr ablenken. Befürworter in Autozeitschriften halten dagegen: "Auf langen Fahrten stellt die Unterhaltung durch musikalische Darbietungen einen wesentlichen Beitrag zur geistigen Spannkraft des Fahrers dar."

Freilich ist die Lage im Auto heute eine andere: Mit GPS-Navigation, Bluetooth, WLAN, Internet, etcetera hat das Radio seinen Status von einst verloren. Und doch könnte ein Kommentar aus den 1930ern kaum aktueller sein: "Es kann einem ohne Autoradio passieren, dass man am Abend überhaupt nicht weiß, was sich im Lauf des Tages abgespielt hat."


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