Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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23. Januar 1849 Elizabeth Blackwell wird nach der Promotion erste Ärztin in den USA

Viele Männer konnten sich nicht vorstellen, dass das ernst gemeint war. Und etliche Frauen auch nicht. Aber Elizabeth Blackwell war überzeugt, sie würde Medizin studieren. Und tat das sehr erfolgreich. Autorin: Isabella Arcucci

Stand: 23.01.2020 | Archiv

23 Januar

Donnerstag, 23. Januar 2020

Autor(in): Isabella Arcucci

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Es waren vor allem die Frauen, die Elizabeth fertigmachten. Frauen, wie sie selbst. Sie musterten Elizabeth Blackwell auf der Straße mit abfälligen Blicken und zischelten, unter ihren Schutenhüten verborgen, boshaft hinter ihr her. Die ein oder andere sagte ihr sogar direkt ins Gesicht, was sie in ihren Augen war: eine infame Schlampe. Elizabeth Blackwell war eine junge Frau, die sich mit einem Haufen fremder Männer in einen Hörsaal setzte, um mit ihnen nackte Körper zu studieren. Sie kritzelte mit hastiger Hand Fremdwörter in Notizblöcke, während andere Frauen ihres Alters mit kindlicher Schönschrift Einmachgläser beschrifteten. Elizabeth war die erste Frau in den USA, die Medizin studierte – und ausgerechnet den anderen Frauen in der Kleinstadt Geneva im Staate New York passte das nicht.

Das Versprechen

Dabei waren sie es ja, für die Elizabeth das Medizinstudium aufgenommen hatte! Geschichte oder Literatur – das war ihr Traum gewesen, nicht Knochenbrüche und Körperausscheidungen. Doch dann starb eine Freundin. Kurz vor ihrem Tod hatte die Freundin Elizabeth erzählt, wie sehr sie unter der unsensiblen Art der männlichen Ärzte gelitten habe und wie viele Schmerzen ihr wohl erspart geblieben wären, hätte eine Frau sie medizinisch versorgen können. "Versprich mir, dass du Ärztin wirst!" Das war der letzte Wunsch der Freundin an Elizabeth gewesen. Ein völlig verrückter Wunsch Mitte des 19. Jahrhunderts. Aber nicht für die Familie Blackwell. Elizabeths verstorbener Vater Samuel war zu Lebzeiten ein Geschäftsmann und davon überzeugt gewesen, dass Frauen die gleichen intellektuellen Fähigkeiten besaßen wie Männer und seine fünf Töchter daher dieselbe Ausbildung verdienten, wie seine vier Söhne.

Hände waschen nicht vergessen!

Elizabeth schrieb alle medizinischen Colleges der USA an – und erhielt nur Absagen. Einzig das kleine Geneva Medical College ließ seine Studenten abstimmen, ob eine Frau in ihren Reihen studieren dürfe.

Die Studenten hielten das Ganze für einen Scherz und stimmten grinsend mit "Ja". Und dann war sie da – Elizabeth, ihre neue Kommilitonin. Zunächst wurde sie sowohl von den Studenten, als auch von den Dozenten, verspottet, übergangen und aus gewissen Vorlesungen ausgeschlossen. Doch bald überzeugte Blackwell ihre Kritiker mit ihrem Intellekt und Durchhaltewillen.

Am 23. Januar 1849 beendete sie das Medizinstudium als erste Frau in den USA – und als Beste ihres Jahrgangs. Elizabeth Blackwell war vielen ihrer männlichen Kollegen überlegen, allein schon durch die Tatsache, dass sie erkannte, wie wichtig es ist, sich zwischen den Behandlungen verschiedener Patienten die Hände zu waschen…

Und Elizabeth widmete ihr gesamtes Leben der Unterstützung anderer Frauen. In ihrer Klinik in New York behandelte sie nicht nur bedürftige Frauen und Kinder, sie stellte auch gezielt Frauen als Ärzte ein. Elizabeth war solidarisch mit ihren Geschlechtsgenossinnen und ist es sogar über ihren Tod hinaus. Bis heute wird jedes Jahr die Elizabeth Blackwell Medaille verliehen. Und zwar an Frauen wie sie selbst – hervorragende Ärztinnen.


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