Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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27. August 1859 Edwin L. Drake stößt auf Erdöl

Colonel Drake wurde beinahe zur Lachnummer: Öl sollte er nicht nur suchen, sondern auch finden, in Pennsylvania bei Titusville. Doch Drake und seine Leute wurden nicht fündig – bis zum 27.8.1859. In 21 Meter Tiefe stieß der Bohrmeißel auf Öl und der erste Ölrausch brach aus. Autor: Thomas Grasberger

Stand: 27.08.2021 | Archiv

27 August

Freitag, 27. August 2021

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Ortsnamen können manchmal ganz schön in die Irre führen. Wer etwa im Weiler "Antenfressen" im Landkreis Altötting "Ente gebraten süß-sauer" erwartet, wird vermutlich enttäuscht. Auch das oberbayerische Petting oder das österreichische Fucking haben bei Ortsfremden mitunter schon falsche Hoffnungen geweckt. Oder nehmen wir den Oil Creek im US-Bundesstaat Pennsylvania! Oil Creek, auf Deutsch Ölbach, klingt nun wirklich nicht nach naturnahem Tourismus. Aber das täuscht! Bei Jägern, Anglern und Kanufahrern gilt die Gegend als höchst reizvoll. Auf den Wiesen grasen Baumwollschwanzkaninchen und Weißwedelhirsche; und im kristallklaren Wasser des Baches tun Barsche und Forellen, was sie augenscheinlich am liebsten tun – sich tummeln!

Dampfbohrer

Das war nicht immer so. Vor gut 150 Jahren begann dort oben im Nordwesten von Pennsylvania nämlich ein regelrechter Ölrausch. Mit allen Begleiterscheinungen: von Raffinerie über Raffgier bis Reichtum, von Förderturm über Feuersbrunst bis Flussverseuchung.

Vor dem Boom hatten die Menschen vom Holzschlag gelebt. Das bisschen Rohöl, das von allein aus den Tiefen des Gesteins an die Oberfläche des Baches stieg, hatten die Seneca-Indianer seit Jahrhunderten genutzt, um daraus heilende Säftchen und Salben herzustellen. Die weißen Siedler hingegen nahmen den schwarzen Brei vorzugsweise als Wagenschmiere.

Diese fast bukolischen Zustände änderten sich, als findige College-Absolventen erkannten, dass sich mit Erdöl gutes Geld verdienen lässt. Etwa in Form von Petroleum, das als Lampenöl in Wohnungen den bisher üblichen Tran von Pottwalen ersetzte. Die waren nämlich nahezu ausgerottet. Rohöl war also gefragt, wurde teurer und rief zum Beispiel die frisch gegründete Seneca Oil Company auf den Plan.

Die beauftragte einen Herrn namens Edwin Drake damit, in der Gegend von Titusville, Pennsylvania, nach Öl zu suchen. Nun war Drake eigentlich ein frühpensionierter Eisenbahner und musste sich erst einarbeiten ins Öl-Geschäft. Seine frühesten Versuche, das schwarze Gold auszugraben, scheiterten am eindringenden Wasser. Also verlegte sich Drake aufs Bohren per Dampfmaschine. Doch auch der Bohrturm, den er auf einer künstlichen Insel im Oil Creek errichten ließ, brachte zunächst nicht die erhofften Fördermengen.

Ölrausch

Colonel Drake, wie er sich nannte, drohte zur Lachnummer in der ganzen Region zu werden. Am 27. August 1859 gelang dem 40-Jährigen jedoch das Unerwartete. Als der Bohrmeißel eine Tiefe von gut 21 Metern erreichte, sprudelte plötzlich das Erdöl! Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und alle Welt kopierte Drakes Methode. Zehn Jahre nach dem kalifornischen Goldrausch setzte nun ein Ölrausch in Pennsylvania ein. Viele Leute verdienten sehr viele Dollars. Nur Mister Drake nicht. Der Pionier des Ölzeitalters war gesundheitlich angeschlagen und obendrein kein geschickter Geschäftsmann. Drake verspekulierte sich und endete als alter, armer Mann. Das schmierige Ölzeitalter am Oil Creek ist übrigens längst vorbei. Nur mehr kleinste Mengen Rohöl werden noch gefördert und – in Fläschchen abgefüllt – an Touristen verkauft. Seinem Namen wird der kristallklare Bach also nicht mehr wirklich gerecht. Aber das ist wohl auch besser so!


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