Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. April 1865 Die Uraufführung der Großen Oper "L’Africaine"

Giacomo Meyerbeer war einer der erfolgreichsten Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts und gilt als Meister der französischen Grand Opéra. Die Uraufführung seiner "verschlimmbesserten" letzten Oper "L’Africaine“ erlebte er nicht mehr. Autor: Frank Halbach

Stand: 28.04.2020 | Archiv

28 April

Dienstag, 28. April 2020

Autor(in): Frank Halbach

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichwselbaumer

Er war der Größte: Giacomo Meyerbeer! Nie gehört? Dabei war er der erfolgreichste Opernkomponist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zum Größten konnte man als Komponist damals nur im Mekka der Oper werden: in Paris. Und das eigentlich auch nur, wenn man sein Handwerk im Mutterland der Oper gelernt hatte: Bella Italia. Und so wurde aus Jakob Meyer Beer, dem Sohn eines deutschen Bankiers Giacomo Meyerbeer.

Der Käpt’n Kirk der See

Er war es, der in der sogenannten Grand Opéra die Maßstäbe setzte. Fünf Akte musste sie lang sein, ein ausgedehntes Ballett inklusive. Opern-Blockbuster mit historischen Stoffen wie Volksaufständen, der Bartholomäusnacht oder Landknechtsdramen. Katastrophale Ereignisse, denen sich dann ein tragisches Liebespaar ausgesetzt sah.

Konkurrenz bekamen die historistischen Opern-Epen bald durch phantastische Stoffe: unbekannte Welten, Fantasy und Exotik Meyerbeer aber hielt an seinem Konzept fest und versuchte die Quadratur des Kreises. Als er einen dieser exotisch-phantastischen Stoffe umsetzen sollte, verlangte er nach einem historischen Rahmen. Und heraus kam: "Vasco da Gama"

Held der Oper: der portugiesische Seefahrer und Entdecker, den sein Schiff in Gebiete bringt, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Und in Vasco, diesen Käpt’n Kirk der Seefahrt, verliebt sich: ein dunkelhäutiges Sklavenmädchen – gut 100 Jahre bevor der erste Fernsehkuss einer Schwarzen und eines Weißen, der von James T. Kirk und Lieutenant Uhura auf dem Raumschiff Enterprise, für einen Skandal sorgte. Kolonialismus, Schiffbruch, Herz, Schmerz und Tod, das ist der Stoff aus dem die Oper gewoben ist.

Uraufgeführt am 28. April 1865 – natürlich in Paris – wird das Ganze ein gewaltiger Erfolg. Einer der wenigen, die Giacomo Meyerbeer nicht genießen kann, denn er verpasst die Uraufführung um ein knappes Jahr – er starb plötzlich und unerwartet 1864.

So musste er aber auch nicht die Verschlimmbesserung seiner letzten Oper erleben.

Der Titel unter dem die Oper aufgeführt wird lautet nämlich nicht mehr "Vasco da Gama", sondern "L’Africaine" – "Die Afrikanerin".

Man hatte die Handlung kurzerhand von Indien auf den schwarzen Kontinent verlegt, was zur Folge hatte, dass in "Die Afrikanerin" brahmanische Priester die Küste Ostafrikas bevölkern.

Der vergessene König der Grand Opéra

Nicht mehr erleben muss Meyerbeer gottseidank auch nicht, dass der Stern seines Ruhmes rasch verblasste. Verantwortlich ist dafür vor allem Richard Wagner. Der polemisierte in seiner Hetzschrift „Das Judentum in der Musik“ auf übelste Weise gegen Meyerbeer, den er selbst einst als Genie bezeichnet hatte. Leider wurde der Einfluss des "Meisters" jedoch fürwahr so groß, dass man Meyerbeer nach und nach vergaß. Wagners krude Argumente sollte man vergessen, wenn man vom Meyerbeer, dem König der Grand Opéra spricht. Wer seine "Afrikanerin" hört, sie dann nicht mag und Meyerbeer verunglimpfen will, der halte sich lieber an Heinrich Heine.

"Ohren gab uns Gott die beiden,
Um von Mozart, Gluck und Hayden
Meisterstücke anzuhören –
Gäb es nur Tonkunst-Kolik
Und Hämorrhoidal-Musik
Von dem großen Meyerbeer,
Schon ein Ohr hinlänglich wär!"


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