Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. April 1792 Die Marseillaise wird komponiert

Ein "Kriegslied für die Rheinarmee" komponierte Claude Joseph Rouget de Lisle. Doch bald erhielt Rougets Marschlied den Namen "Marseillaise", weil es von Soldaten aus Marseille 1792 beim Einzug in Paris gesungen wurde. Die Marseillaise wurde zum "französischen Nationalgesang" und schließlich offizielle Nationalhymne. Autor: Manuel Rauch

Stand: 25.04.2022 | Archiv

25 April

Montag, 25. April 2022

Autor(in): Manuel Rauch

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Sie jubeln, sie feiern. Wie ein Lauffeuer breitet sich am Abend des 25. April 1792 in Straßburg - mitten in der Französischen Revolution - die Nachricht aus: Frankreich hat Österreich den Krieg erklärt! Endlich! Für die Elsässer gibt es kein Halten mehr. Von überall strömen Menschen auf die öffentlichen Plätze. Durch die Straßen hallen Parolen wie "Zu den Waffen, Bürger!"

Das Genie einer Nacht

Der Hauptmann Joseph Rouget de Lisle geht in jener Nacht unruhig in seinem Zimmer auf und ab. Noch fehlt der Armee ein passender Marschgesang. Der Bürgermeister von Straßburg hat Rouget deshalb gebeten, mal eben was Angemessenes zu komponieren.
Eilig bringt er die Worte, die er auf der Straße aufgeschnappt hat, zu Papier:

"Auf, ihr Kinder des Vaterlands,
der Tag des Ruhmes ist gekommen!"

Mit seiner Geige greift er den kampfeslustigen Rhythmus der Straße auf. Und plötzlich läuft es wie von allein. So zumindest beschreibt Stefan Zweig in seiner Miniatur "Das Genie einer Nacht" die Szene, die als die Geburtsstunde dieser Jahrhunderte überdauernden Hymne in die Geschichte eingeht. Ein "Kriegslied für die Rheinarmee", dessen Text blutrünstiger kaum sein könnte:

"Zu den Waffen, Bürger,
Formiert eure Truppen,
Marschieren wir, marschieren wir!
Unreines Blut
Tränke unsere Furchen!"

Das "unreine Blut" gehört den Feinden aus Österreich und Preußen - den alten Monarchien. Die sind über die neuen Zustände in Frankreich not amused und haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam dem revolutionären Land den Garaus zu machen. Nachdem Frankreich vorprescht und den Kaisern und Königen den Krieg erklärt, melden sich unzählige Franzosen zur Armee.

Soldatengrüße aus Marseille

Einige Monate später ziehen Soldaten aus Marseille in Paris ein - und singen dabei Rougets Lied. Das verbreitet sich daraufhin in Windeseile über das ganze Land. Als "Marseillaise".

Es ist wohl Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet der Schöpfer der Revolutionshymne, Rouget de Lisle, über die Zeit zum Gegner der Revolution wird. Er weigert sich, den Eid auf die Republik zu leisten und wird als Konterrevolutionär verhaftet. Während die Marseillaise 1795 zum französischen Nationalgesang erklärt wird, bleibt Rouget ein Unbekannter.

Unter Napoleon zwischenzeitlich verboten, feiert die Marseillaise bei der Julirevolution 1830 ihr Comeback. Nochmal fünfzig Jahre später wird sie endgültig zur Nationalhymne Frankreichs erklärt.

Sie ist Teil der nationalen Identität Frankreichs. Dabei mag so manch einem ein kalter Schauer über den Rücken laufen, wenn ganze Fußballstudien "Zu den Waffen" skandieren. Nach den Pariser Terroranschlägen 2015 wiederum singen Menschen in ganz Europa die Marseillaise - aus Solidarität mit Frankreich. Die Kriegshymne als Lied der Völkerverständigung. Schließlich war sie schon immer auch ein Statement für die Freiheit. Oder um es mit den Worten Goethes zu sagen: Die Marseillaise bleibt "ergreifend und furchtbar" zugleich.


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