Bayern 2 - Das Kalenderblatt


1

20. Oktober 1974 Derrick ermittelt zum ersten Mal

Er ermittelte in München - aber irgendwie auch weltweit. Auf den Fidschis, Japan, China, Italien, der erotischste aller Kommissare. Eine Frechheit, dass er nie befördert wurde: Derrick, die meistverkaufte deutsche Serie der Fernsehgeschichte, daran vermochten die Verrisse nach der ersten Folge nichts zu ändern. Autorin: Regina Fanderl

Stand: 20.10.2021 | Archiv

20 Oktober

Mittwoch, 20. Oktober 2021

Autor(in): Regina Fanderl

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Derrick? Klar, das war doch…? Genau: "Harry hol‘ schon mal den Wagen". Hat das nicht immer dieser Haupt - oder Oberinspektor im feinen Zweireiher, der mit den Tränensäcken gesagt? Jaja! Derrick! Krimiserie. ZDF. Sicher, sicher! Lange her!In der Tat lange her. Am 20. Oktober 1974 läuft die erste Folge. Über 30 Millionen Zuschauer sitzen vor den Bildschirmen und wollen wissen, ob Fließband-Drehbuchautor Herbert Reinecker nach dem langlebigen "Kommissar" noch mal so ein Coup gelingen kann.

Ein spannender Reinfall

Es geht in dieser ersten Folge um den Lustmord an einer Hauswirtschaftsschülerin. Schon nach ein paar Minuten ist der Täter bekannt. Ein älterer Lehrer mit schwarzen Lederhandschuhen und irrem Blick, der noch bei der Mama wohnt. Die Frage ist nicht mehr: "Wer war der Täter?", sondern "Wie tickt der Täter?". In den restlichen 53 Minuten kann der Zuschauer in aller Ruhe - und mit dem schönen Gefühl, es besser zu wissen - beobachten, wie es Derrick und seinem Gehilfen Harry Klein gelingt, ihn zu entlarven. Für das Drumherum sorgen Mitschülerinnen des Opfers in Miniröcken mit Postern von Costa Cordalis über den Betten. Walter Sedlmayr als böser Kioskbesitzer. Eine düstere S-Bahnstation, die noch über einen eigenen Bahnhofsvorsteher verfügt. Und ein seltsamer Hausmeister mit Hut, der am Abend spärlich bekleidete Internatsmädchen in ihre Zimmer scheucht. Das waren ja Zeiten, damals!

Gänsehaut vermitteln vor allem ein vernebelter Waldweg und die unheimliche Musik aus der Feder von Les Humphries. Die Kritiken danach sind - sagen wir mal vorsichtig - nicht gerade ermutigend für Reinecker, Tappert, Wepper und die anderen.

"Ein ziemlicher Reinfall", schimpft die "Bild am Sonntag“, "Horst Tappert leicht deppert" reimt die Schweizer "Weltwoche". Die Würzburger Mainpost dagegen lobt den gerade in Punkto Spannung äußerst gelungenen Einstand.

Derrick - der erotischste Mann des Jahres

Tatsächlich schließen die Zuschauer das Ermittlerduo mit der Zeit immer tiefer ins Herz. "Derrick" avanciert zum Dauerbrenner: Fast ein Vierteljahrhundert lernt der Durchschnittsmensch jeden Freitag, dass das Böse immer und überall und gerne auch in Münchner Vorstadtvillen lauert.Auch international entwickelt sich "Derrick" zum Bestseller. In rund 100 Länder wird die Serie verkauft, darunter auch nach Japan, China, Kenia und auf die Fidschi-Inseln. Italienerinnen wählten Tappert zum erotischsten Mann des Jahres und echte Kriminalbeamte wollen, dass Derrick und sein Hiwi endlich befördert werden.Aber erst in der 281. und allerletzten Folge wäre der Oberinspektor beinahe ein hohes Tier bei Europol geworden - hätte ihn nicht ein feiger Verbrecher vorher erschossen.Harry Klein geht in den Ruhestand und sein Darsteller Fritz Wepper muss sich bis heute als "Wagenholer" derblecken lassen, obwohl Tappert diesen Satz nachweislich nie gesagt hat. Die grandiose Idee, einen Auto-Abhol-Service für Gerne-Trinker "Harry holt den Wagen" zu nennen, hatte ein anderer!


1