Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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10. Dezember 2008 Der "Blaue Wittelsbacher" erzielt Rekordpreis

Am 10. Dezember 2008 wurde der Blaue Wittelsbacher von Christie’s in London für 18,4 Millionen Euro, versteigert: an Der den Londoner Juwelier und Edelsteinhändler Laurence Graff. Autorin: Silke Wolfrum

Stand: 10.12.2020 | Archiv

10 Dezember

Donnerstag, 10. Dezember 2020

Autor(in): Silke Wolfrum

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Die Protz- und Prahlgeschichte des Blauen Wittelbachers endete – vorläufig – mit Kulturschande, Barbarei und Banausentum. Doch bevor wir enthüllen, wie es soweit kommen konnte, soll den Hörern unter uns, die nicht zur Juwelier-Szene gehören, kurz erklärt werden, wer oder was der Blaue Wittelsbacher überhaupt ist. Nämlich ein Stein, aber natürlich nicht irgendeiner, sondern: ein Stein der Superlative, ein Stardiamant. Er ist groß wie ein Taubenei und damit der zweitgrößte Diamant seiner Art weltweit. Er funkelt intensiv blau, ist uralt und sauteuer. Am 10. Dezember 2008 brachte er bei einer Versteigerung bei Christie’s die Rekordsumme von 18,7 Millionen Euro ein.

Bayerisch forever

Aus einem indischen Bergwerk kam er nach Europa und zu König Philipp IV von Spanien. Über die Heirat von dessen Tochter mit Kaiser Leopold I gelangte er in den Österreichischen Kronschatz und von dort durch die Heirat von Maria Antonia, der Tochter der beiden, mit dem Wittelsbacher Kurfürsten Max Emanuel - nach Bayern. Dort bekam er seinen Namen – Blauer Wittelsbacher – und dort sollte er auch für immer bleiben. So war es jedenfalls Maria Antonias ausdrücklicher Wunsch:  "Dieser spanische Geschmuck solle bei dem bayerischen Hofe allzeit verbleiben und nicht veräußert werden", ordnete sie an. Pustekuchen.

Immerhin: Der Höhepunkt seiner Karriere war in Bayern. Keinem anderen als ihm gebührte der Platz ganz oben in der Krone des ersten bayerischen Königs. 1806 wurde Max Joseph unter großem Hurra dazu ernannt. Die Krone wurde allerdings erst nach der Krönung von einem Goldschmied in Paris gefertigt. Die ausgeklügelte Steinbefestigung sollte für die Ewigkeit halten genauso wie das Königreich Bayern.

Doch was hält schon ewig? 1918 wurde aus der bayerischen Monarchie der Freistaat Bayern und eine Republik. Dann kam die Weltwirtschaftskrise und das Haus Wittelsbach brauchte Geld. Obwohl der Diamant mehr wert war, als alle anderen Kron-Insignien zusammen, sollte er verkauft werden und wurde kurzerhand im Päckchen per Reichspost zu Christie’s nach London geschickt. Bloß: Keiner wollte ihn haben.

Der blaue Stein blieb in Bayern, bis er nach dem zweiten Weltkrieg – wieder aus Geldnot – dann doch heimlich ins Ausland verkauft wurde. Maria Antonia drehte sich im Grab.

Königliches Lutschbonbon

Doch es kommt noch schlimmer: In den 60er Jahren landete der Stardiamant beim Düsseldorfer Großunternehmer Horton. Bei dessen Verlobungsparty mit seiner 32 Jahre jüngeren Sekretärin Heidi zog der ihn lässig aus der Hosentasche. Heidi wiederum gab ihn gute 40 Jahre später wieder zu Christie’s. Das war die Gelegenheit ihn nach Bayern zurückzukaufen. Doch der bayrische Staat rettete lieber die Landesbank und so kam der Stein also für besagte 18,7 Millionen an den Londoner Luxus-Juwelier Laurence Graff. Der nannte ihn dreist in The Wittelsbach-Graff Diamond um. Der Schande nicht genug ließ er den Stein auch noch schleifen, reduzierte ihn von 35,56 auf 31,06 Karat und zerstörte seinen historischen Schliff. Das Resultat:  viel Aufruhr, viel Publicity und ein weiterer Name für den blauen Stein: "Königliches Lutschbonbon."


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