Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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27. Dezember 1982 Computer ist "Maschine des Jahres"

Nicht alle "Personen des Jahres", die das Time Magazin kürte, überzeugten durch große Leistungen. Endgültige Verwirrung herrschte, als der Computer zur "Machine Of The Year" ausgerufen wurde. Autorin: Carola Zinner

Stand: 27.12.2018 | Archiv

27 Dezember

Donnerstag, 27. Dezember 2018

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Die Welt ist gefährlich, ihre Gesetze sind undurchschaubar, und der Mensch muss in ihr bestehen, ein hilfloser Winzling in übermächtiger Wildnis.

Doch so hilflos sind wir gar nicht. 30.000 Heilige verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon, himmlische Heldinnen und Helden, die einst Großes geleistet haben und seither bereit sind, allen beizustehen, die sich in Not an sie wenden, bei sündigen Verlockungen etwa oder beim Angriff eines Drachens. Leider sind Heilige in letzter Zeit ein wenig aus der Mode gekommen. Vermutlich, weil traditionelle Tugenden wie etwa Demut und Bescheidenheit oder ein Hang zu asketischer Lebensführung mittlerweile viel von ihrem Reiz verloren haben.

Held mit großen Füßen

Doch auch in der modernen Welt bleibt die Nachfrage nach Helden und Vorbildern ungebrochen. Nur sucht man sie jetzt unter den Lebenden - und so entstand der "Mann des Jahres". Erfunden hat ihn das New Yorker Nachrichtenmagazin "Time" in der sommerlichen Saure-Gurken-Zeit des Jahres 1927. Der erste Preisträger stand schnell fest. Die Time hatte es nämlich versäumt, dem Ozeanüberflieger Charles Lindbergh nach seiner epochalen Leistung eine Titelseite zu widmen. Das war peinlich, und so bekam er sie nun eben etwas verspätet - als erster "Man Of The Year". Im Innenteil der Zeitung erfuhren die Leser dann unter der Überschrift "Helden", dass Lindbergh große Füße hat, gleichzeitig bescheiden und mutig ist und ein asketisches Leben führt.

In den Folgejahren gab es einige "Männer des Jahres" mit ähnlich beeindruckenden Qualitäten, Papst Johannes XXIII. etwa oder Martin Luther King. Die amerikanischen Präsidenten kamen  immer gleich im Jahr ihrer Wahl aufs Titelblatt, als über ihre Tugenden und Heldentaten noch nicht allzu viel bekannt war. Die Leistung, es in das hohe Amt geschafft zu haben, sei Qualifikation genug, meinte die Jury.

Die übrigens irgendwann rückblickend feststellen musste, dass es ein paar Männer des Jahres gegeben hatte, die sich im Nachhinein beim besten Willen nicht mehr als "Helden" bezeichnen ließen, Adolf Hitler etwa oder Josef Stalin, der es gleich zweimal aufs Titelblatt geschafft hatte. Kurz entschlossen erklärte das "Time Magazine", es gehe beim "Man Of The Year" ja gar nicht um Helden, sondern vielmehr um Menschen, die das Geschehen in der Welt besonders stark beeinflusst hatten.

Einfach verwirrend

Frauen ist das offenbar nicht besonders oft gelungen, sie lassen sich in der "Time"-Liste an einer Hand abzählen. Immerhin wechselte das Magazin irgendwann aus Gleichberechtigungsgründen vom "Man" zur "Person Of The Year", der Persönlichkeit des Jahres. 1982 jedoch gab es weder einen "Man" noch eine "Person", sondern - eine Maschine. Am 27.12.1982 erklärte das Time Magazine den Computer zur "Machine Of The Year" - er habe die Geschicke der Welt im vergangenen Jahr besonders stark verändert.

Wie weit die Veränderungen in den folgenden Jahren und Jahrzehnten noch gehen sollten, konnte man damals nicht ahnen. Der Computer verwandelt die Welt in einen immer verwirrenderen Technik-Dschungel, in dem der Mensch verloren zu gehen scheint: ein hilfloser Winzling in übermächtiger Wildnis.

Dem mangels Fachwissen noch nicht mal die Heiligen zur Seite stehen können.


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