Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. September 1928 Comedian Harmonists geben ihr Debut

Fünf Sänger und ein Pianist: Als die Comedian Harmonists wird das Sextett zum international gefeierten Vokalensemble. Weil drei der Comedian Harmonists jüdischer Abstammung sind, dürfen sie ab 1935 nicht mehr in Nazi-Deutschland auftreten. Ihre Hits aber bleiben bis heute unvergessen. Autor: Frank Halbach

Stand: 28.09.2022 | Archiv

28 September

Mittwoch, 28. September 2022

Autor(in): Frank Halbach

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Boy Groups, die kometenhaft aufstiegen, von kreischenden Teenie-Girls angehimmelt wurden und noch schneller in der Versenkung verschwanden: Sie sind zahllos und die meisten Namen vergessen.  An einige wenige kann man sich noch erinnern, wie "Take That" oder die "Backstreet Boys". Aber werden sie in, sagen wir mal 50 Jahren, noch immer im Gedächtnis geblieben sein? Schließlich - so die Kritiker - waren die großen Erfolge doch vor allem der Optik und nicht dem musikalischen Schaffen geschuldet. Andererseits haben viel, viel ältere Boy Groups doch schon vor etwa einem Jahrhundert bewiesen, dass auch "banale Melodien" unsterblich machen können, wenn man sie entsprechend veredelt.

Schönklingende Stimmen gesucht

"Achtung. Selten. Tenor, Bass (Berufssänger, nicht über 25), sehr musikalisch, schönklingende Stimmen, für einzig dastehendes Ensemble unter Angabe der täglich verfügbaren Zeit gesucht“, inseriert der gerade volljährig gewordene Berliner Harry Frommermann 1927 im Berliner Stadtanzeiger. Schönklingende Stimmen? Die Eigenwahrnehmung damals unterscheidet sich wenig von der heute bei "Deutschland sucht den Superstar". Hunderte melden sich, denn die Zeiten sind hart in den wirtschaftsschwachen Zeiten. Über Talent verfügen die wenigsten Bewerber. Und auch nicht alle der wenigen mit Talent werden genommen. So heißt es, auch Johannes Heesters hätte sich beworben und sei abgelehnt worden. Den entscheidenden Impuls für das neue Vokalensemble gab dafür der Bassist Robert Biberti. Was Frommermann an Biberti begeisterte war nicht nur dessen Stimme, sondern sein Geschmack. Robert war wie Harry ein Riesenfan des berühmten US-amerikanischen Vokal-Quartetts "The Revelers". So was wie die, so was müsste man in Deutschland machen, meint Biberti.

Von der Showeinlage zu Weltstars

Statt mit nur vier Sängern beginnt man zu sechst in Harry Frommermanns Mansardenwohnung zu proben: mit drei Tenören, einem Bariton, einem Bass und einem Pianisten. Und das Ensemble nennt sich fortan: die "Melody Makers". Berühmt, unvergessen, gefeiert bis heute! Allerdings nicht als "Melody Makers".

Am 28. September 1928 gibt das Sextett im Großen Schauspielhaus des Berliner Varietékönigs Erik Charell sein Debüt als: die Comedian Harmonists

Von der Showeinlage im Rahmen eines größeren Revueprogramms werden die Comedian Harmonists schnell zum eigenen abendfüllenden Ereignis, sowie schnell zu Rundfunk- und Plattenstars. Daran können auch die Nationalsozialisten nichts ändern. Da drei der Harmonists jüdischer Herkunft sind, verbietet man ihre Auftritte. So kommen Fans in Dänemark, Norwegen oder den USA in den Genuss von Tourneen. Alle sechs Comedian Harmonists überleben zwar den Zweiten Weltkrieg, treten aber danach nicht mehr zusammen auf. Ihre Songs bleiben immerwährende Klassiker, so dass nicht nur für Veronika der Lenz noch da ist, ein Freund, ein guter Freund weiterhin das Schönste auf der Welt bleibt, der Kaktus immer noch sticht und am Wochenend Sonnenschein herrscht. Trotzdem wär ich manchmal gern ein Huhn.


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