Ein junges Pärchen von Anfang Zwanzig, das in einem schicken Ford V8 über die Highways brettert und sich mit rauchender Pistole nimmt, was es für sein glamouröses Gangsterleben braucht. So sind Bonnie und Clyde noch heute bekannt, als berüchtigtes Räuberpaar, das in den frühen 1930ern die USA in Aufregung versetzt. Während sie Geschäfte und die ein oder andere Bank ausrauben und dabei dreizehn Menschen töten, steuern die beiden auf ein unvermeidliches Ende zu: den Untergang im Kugelhagel.

Ein Thriller in Echtzeit

Bereits zu Lebzeiten werden die beiden als eine Art soziale Helden gehandelt. Natürlich nicht vom Staat, doch die Bevölkerung sieht in ihnen willkommene Aufrührer, die gegen die Regierung rebellieren, die in ihren Augen das Land in den Ruin getrieben hat. Es ist die Zeit der Wirtschaftskrise. Ihre abenteuerliche Flucht vor den Behörden ist der perfekte Stoff für unzählige Zeitungsartikeln und Wirklichkeitsflucht. Ein Thriller in Echtzeit, mit dem druckfrischen Tagblatt zum Frühstück serviert. Unterfüttert ist der mit glamourösen Fotographien von Bonnie und Clyde. Als knallharte Gangster mit Pistole und Zigarre zu posieren ist ihr Fable und die beiden sind stets auch mit einer Kamera bewaffnet. Ein gefundenes Fressen für die Medien und die Steckbriefe der Behörden. Diese hecheln dem Räuberpaar jahrelang vergeblich hinterher und kommen immer mehr ins Schwitzen. Denn mit jedem Tag wächst der Mythos der beiden, bis klar ist: Eine Gerichtsverhandlung könnte zu einem Aufstand führen. Ganz dringend werden Bonnie und Clyde gesucht, aber lieber tot als lebendig.

Von Räubern und Beraubten

9:15 Uhr morgens am 23. Mai 1934, eine Straße irgendwo in Louisiana. Eine Gruppe Polizisten hat dort die Nacht mit blutrünstigen Mücken verbracht, um auf den Ford V8 zu warten, der in diesem Moment auftaucht. Halt, schreien die Polizisten - die nächsten 16 Sekunden gehen unter in ohrenbetäubenden Schüssen und Pistolenqualm. Als sich dieser endlich lichtet, sehen die Staatsdiener, was sie glaubten, nie zu sehen. Der Ford V8 im Straßengraben, mitsamt Insassen durchsiebt von 150 Kugeln.

Kein schöner Anblick, möchte man meinen. Doch für ihre Anhänger ist das der lang ersehnte Showdown. Kaum haben die Polizisten das Hab und Gut der Räuber unter sich aufgeteilt, sind die ersten Schaulustigen vor Ort. Beim Schauen bleibt es aber nicht. Zu groß ist die Anziehungskraft ihrer Helden, die sie nun zum Anfassen nah vor sich haben. Verstreute Kugeln und Bonnies Locken erscheinen den Fans als disponible Souvenirs für ... ja für was? Eine Liebe bis in den Tod? Für die mörderischen Identifikationsfiguren, derer sie gerade beraubt wurden?

In einem feierlichen Umzug folgen sie dem Abschleppwagen in die nächste Stadt zurück und lagern vor der Obduktionshalle. Das kleine Örtchen Arcadia kann die pilgernden Fans kaum auch nur mit kühlen Getränken versorgen. Zehntausende geifern dort im Leichenschauhaus und besuchen später die Beerdigung, wo diesmal der Grabschmuck als Andenkenfundgrube herhalten muss. Was von Bonnie und Clyde bleibt, ist eine hartnäckige romantische Legende über ein Gangsterpärchen ... und die geraubten Souvenirs ihrer Fans.