Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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12. Juli 1861 Bill Hickok wird zu Wild Bill

Er war einer dieser Westernhelden mit diesen klingenden Namen: Wild Bill. Er war unter anderem Kundschafter für General Custer und gut bekannt mit Buffalo Bill.

Stand: 12.07.2018 | Archiv

12 Juli

Donnerstag, 12. Juli 2018

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Vergesslichkeit im Alltag kann schnell mal peinlich werden. Wie hieß jetzt gleich wieder der neue Kollege? Meier? Oder Müller? Und seine Gattin? Sabine? Susanne? In solchen Situationen sehnt man sich zurück in jene fernen Zeiten, als die Menschen noch aussagekräftige Beinamen trugen: Ludwig der Fromme, Iwan der Schreckliche, Karl der Dicke. Nicht zu verwechseln mit Karl dem Einfältigen. Ja, da war die Welt der Namen noch in Ordnung. Ob das heute auch funktionieren würde? Günther der Langeweiler. Kordula die Korpulente. Quendoline die Quasselstrippe. Horst der …. naja, der Horst halt. Also, vorstellen könnte man sich einiges.

Andererseits, sowas kann auch schnell mal diskriminierend werden. Sigismund der Münzreiche – das ginge ja grad noch, für einen geldgierigen Pfeffersack wie den alten Sigi. Aber Boleslaw Schiefmund? Oder Gottfried der Höckrige? Ganz schwierig!

Sprechende Namen im Wilden Westen

Wenden wir uns lieber dem Wilden Westen zu. Auch dort gehörten sprechende Namen zur Grundausstattung wie der Colt und der Whiskey. William Frederick Cody zum Beispiel wurde Buffalo Bill genannt, weil er viel mit Rindviechern zu tun hatte: Er gilt als Begründer des modernen Showbusiness.

Oder Henry McCarty, besser bekannt als Billy the Kid – eigentlich ein hilfsbereiter junger Mann. Bis eines Tages im Saloon so ein Typ Billys Mutti beleidigte. Von da an war "the Kid" wirklich ein schwer erziehbares Kind.

Übrigens, auch Frauen wurden im Wilden Westen mit Beinamen geadelt. Calamity Jane zum Beispiel rauchte, soff und fluchte wie ein Mann und war auch sonst sehr vielseitig talentiert – als Postkutschenfahrerin, Goldgräberin und Indianertöterin in einer Wildwest-Show. Die Katastrophen-Jane behauptete, ein Verhältnis mit einem gewissen James Butler Hickok gehabt zu haben. Historisch belegt ist das nicht. Ebenso wenig, ob der Herr sich überhaupt an den Namen der Dame erinnern konnte. Denn Mister Bill Hickok hatte stets viel um die Ohren, vorzugsweise Kugeln aus den Colts seiner Gegner.

Der wilde Bill

Aber Bill zog meist schneller und zielte genauer. Am 12. Juli 1861 zum Beispiel soll er an der Rock Creek Station, Nebraska, im heroischen Alleingang mehrere Mörder und Pferdediebe erschossen haben. Den Beinamen Wild Bill trug er also zu Recht. Allerdings stellte sich Jahre später heraus, dass Bill zwar vogelwild, aber nicht immer heldenhaft handelte. Beim erwähnten Rock-Creek-Fight zum Beispiel hatte er sich hinter einem Vorhang versteckt, um den ahnungslosen Anführer seiner Gegner mit einem Schuss ins Herz zu töten. Für die Freunde der Gesamt-Statistik sei hier noch erwähnt: Hickok erledigte mindestens sieben Menschen in sechs Schießereien.

Dass man bei diesem Lebensstil keine 40 wird, überrascht nicht. Wild Bill selbst wurde im August 1876 beim Pokern erschossen. Von einem Herrn namens Jack Mc Call, der den Beinamen "Broken Nose" trug. Wer ihm das Nasenbein gebrochen hat, wissen wir nicht. Ziemlich wahrscheinlich aber ist, dass Wild Bill zuvor den Bruder von Broken Nose ermordet hatte. Wofür der sich nun rächte. Mit einem Revolverschuss in den Hinterkopf! "Jack der Hinterfotzige" wäre für Broken Nose also auch ganz passend gewesen. Aber mit Beinamen ist es wie mit Friedhofsnachbarn – man kann sie sich nicht immer aussuchen. Wild Bill jedenfalls hat sein Grab heute direkt neben dem von Calamity Jane. Naja, Namen sind halt irgendwie Schicksal. Oder wie sagt der Baier: S` Zeug muss zammpassen!


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