Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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27. April 1810 Beethoven widmet Elise ein Klavierstück

Die Melodie dieses Klavierstücks kennt jeder. Elise kennt keiner. Wer war jene Elise, der Beethoven sein heute weltberühmtes Bagatelle a-Moll widmete? War Elise keine Elise, sondern eine Elisabeth? Oder eine Therese? Das große Rätselraten um die Frau, für die Beethoven das Stückchen schrieb, ist Teil seines Erfolges. Autor: Markus Vanhoefer

Stand: 27.04.2022 | Archiv

27 April

Mittwoch, 27. April 2022

Autor(in): Markus Vanhoefer

Sprecher(in): Irina Wanka

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Es ist eine Musik, die die ganze Welt im Ohr hat, ein Pflichtstück für jeden Klavierschüler, ein Thema, das uns aus unzähligen Telefonwartschleifen vertraut ist:  Ein sich wiederholender Halbtonschritt e- dis, der eine Quinte zum a herabsteig, die neun Töne des Anfangsmotivs genügen, und schon weiß jeder, was hier gespielt wird.  "Bagatelle a-Moll, Werk ohne Opuszahl Nummer 59" lautet die offizielle Bezeichnung im Beethoven-Verzeichnis. Berühmt ist die Komposition jedoch unter einem anderen Titel: "Für Elise". 

Anmutig unbedeutend

Würde der Schöpfer der "Elise" immer noch leben, er wäre äußerst erstaunt, wie populär seine Bagatelle heute ist, denn die Gelegenheitskomposition, die zu Beethovens Lebzeiten nicht im Druck erschien, war seinen Zeitgenossen völlig unbekannt.

So beginnt der Siegeszug des Klassik- Hits erst 40 Jahre nach Beethovens Tod.
1867 veröffentlicht der Musikschriftsteller Ludwig Nohl ein neu entdecktes Werk des Götterfunken-Meisters. Das Manuskript des - nach Nohls Meinung - "nicht eben bedeutenden, aber anmutiges Klavierstückchen" enthält eine Widmung:
"Für Elise am 27. April zur Erinnerung von Ludwig van Beethoven". Eine genaue Jahresangabe fehlt.

Wenn Komponisten lieben, dann bringen sie ihre euphorischen Gefühle spontan aufs Notenpapier und legen dies ihrer Angebeteten zu Füßen. Was auf den ersten Blick offensichtlich erscheint, erweist sich im Fall von "Für Elise" als trügerisch. Denn das Beziehungsgeflecht zwischen dem Künstler Beethoven, den Entstehungsumständen des Werks und der Widmungsträgerin ist rätselhaft.

Who the hell is Elise?

So treibt die Forschung eine bis heute kontrovers diskutierte Frage um: Welches weibliche Wesen könnte besagte Elise sein? Zwar sind unter den vom Meister Angebeteten, Umschwärmten und Umworbenen eine Therese, eine Josephine oder eine Giulietta, eine Elise suchen wir jedoch vergebens.

Beethoven und seine Elise. Wer war die Geheimnisvolle? Was wir heute wissen: Die legendäre Bagatelle ist nicht das Resultat einer impulsiven Gefühlswallung, Beethoven hat sich mehrere Jahre mit der Komposition beschäftigt. Einige Skizzen, zum Beispiel auf einem Entwurfsblatt zur Egmont- Ouvertüre, belegen, das "anmutige Klavierstückchen" muss zwischen 1808 und 1810 entstanden sein. Das engt die Zahl der möglichen Kandidatinnen ein.

Eine potenzielle Elise ist die Sängerin Elisabeth Röckel, sie stand Beethoven damals nahe, gab aber letztlich dem kommerziell erfolgreicheren Komponisten Johann Nepomuk Hummel das Ja-Wort.

Eine zweite, wahrscheinlichere Kandidatin ist Therese Malfatti. Der nicht gerade als Charmeur bekannte Beethoven verliebte sich gerne in gesellschaftlich höhergestellte und damit für ihn schwer erreichbare Frauen. 1810 beabsichtigte er ernsthaft, Therese Malfatti zu heiraten. Zu seinem Leidwesen entschied sich die Arzttochter gegen ihn und für den Grafen Deym.

Dennoch gibt es trotz der Namensungleichheit ein Argument, das für Therese als Widmungsträgerin spricht. Beethovens handschriftliches Manuskript wird in ihrem Nachlass gefunden. Aber genügt das als Beweis?  Das Rätselraten um die Identität der mysteriösen Elise bleibt.  


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