Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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4. Februar 1976 Bankräuber Lugmeier springt aus dem Fenster

Ludwig Lugmeier galt als cleverster Ganove im ganzen Land. Nachdem er geschnappt wurde, sprang er am 4. Februar 1976 während seines Prozesses einfach aus dem Fenster - und entkam. Autorin: Prisca Straub

Stand: 04.02.2019 | Archiv

04 Februar

Montag, 04. Februar 2019

Autor(in): Prisca Straub

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Er galt mal als der "cleverste Ganove im ganzen Land" - Ludwig Lugmeier, Bankräuber und Ausbrecherkönig. Er habe, so schrieb der Stern, das "schnellste Millionending in der Geschichte der Bundesrepublik gedreht" - einen bewaffneten Raubüberfall auf einen Geldtransporter der Dresdner Bank. Das war 1973 und der 24-jährige Ludwig Lugmeier aus Kochel am See der meistgesuchte Verbrecher Deutschlands. Drei Jahre lang verprasst er seine Millionen in den Kasinos dieser Welt, trägt teure Designeranzüge und wohnt in luxuriösen Hotels. Genau das, was man von einem Gangster eben so erwartet. Bis er geschnappt wird.

Schreckstarrer Beamter

Dann der Morgen des 4. Februar 1976: Der berühmt-berüchtigte Millionendieb ist Hauptangeklagter im Prozess um den bisher größten Raubüberfall der Kriminalgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Jetzt gelingt ihm sein allergrößter Coup und macht die Republik fassungslos. Ein waghalsiger Sprung  - Lugmeier flüchtet aus dem Frankfurter Gerichtsgebäude! Als der zuständige Gerichtsbeamte ihm zu Beginn der Verhandlung die Handschellen löst, hechtet der Millionenmann kurzerhand durch ein zum Lüften offen stehendes Fenster in die Freiheit. Weg ist er. Knallt auf hartes Straßenpflastern und rennt um sein Leben. Zurück bleiben ein fassungsloser Richter und der schreckstarre Beamte. Der hat das Nachsehen - während die Tagespresse keinen Hehl aus ihrer Bewunderung für den kühnen Banditen macht, wird er strafversetzt - fort aus dem Gerichtssaal, zurück an die Pforte.

Der Rest der Geschichte ist rasch erzählt: Der Ausbrecherkönig verändert Aussehen und Namen, reist immer ruheloser um den Globus und wird ein Jahr später dann doch wieder geschnappt: Der international gesuchte Schwerverbrecher ist des Hakenschlagens müde. In einer Polizeistation im isländischen Reykjavik ist seine Gangsterkarriere endgültig zu Ende.

Märchenhaftes Arbeitsamt

Das Urteil - zwölf Jahre. Eine lange Zeit. Doch im Gefängnis lässt Lugmeier sich noch am ersten Tag Papier und Stift geben - und fängt an zu schreiben. Über Einbrüche und  Ausbrüche - und wie es ihm gelang, möglichst geradlinig auf die schiefe Bahn zu geraten. Seine Lebensgeschichte erscheint 2005: "Der Mann, der aus dem Fenster sprang". Ein starkes Stück. Und verkauft sich glänzend.

Da der notorische Gesetzesbrecher nach der Entlassung einen anständigen Broterwerb braucht, schaltet sich das Arbeitsamt ein: Ludwig Lugmeier bekommt eine Stelle vermittelt und wird - Märchenerzähler - für Kinder - und meistert die neue Aufgabe mit Bravour. Man bescheinigt ihm, einer Vielzahl von Kindern Anregungen, Hinweise und nachhaltige Erinnerungen mit auf den Lebensweg gegeben zu haben … Gut, dass die Eltern nicht ahnen, dass der nette Onkel mit dem Schlapphut, dem langen schwarzen Mantel und den packenden Gangster-Geschichten selbst einmal Schwerkrimineller war. Am liebsten liest er aus den Märchen der Brüder Grimm. Auch da kommen Räuber vor.


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